Den Verdacht gibt es seit etwa 30 Jahren: Wohnen in der Nähe eines Atomkraftwerks kann besonders für Kinder gesundheitsschädlich sein. Für sie besteht ein erhöhtes Risiko, an Leukämie zu erkranken, bestätigt jetzt eine von den Grünen in Auftrag gegebene Studie des Arztes und Epidemiologen Eberhard Greiser.
Bei Kleinkindern steigt Risiko um fast ein Fünftel
Demnach betreffen die Gefahren nicht nur Säuglinge und Kleinkinder, sondern auch Jugendliche vor allem bis 14 Jahre. Im Umkreis von 20 bis 50 Kilometern um Atommeiler sei das Risiko bei Kindern unter fünf Jahren um 19 Prozent erhöht und unter 15 Jahren um 13 Prozent, berichtete Greiser am Freitag. Grüne und atomkritische Ärzte forderten, endlich den Strahlenschutz für Bürger zu verbessern.
Dies war bisher immer abgelehnt worden, obwohl schon Ende 2007 eine aufsehenerregende Studie des Kinderkrebsregisters in Mainz für Kinder unter fünf Jahren veröffentlicht worden war. "Die Studie stellt den entscheidenden Fortschritt bei der Beantwortung der seit etwa 30 Jahren diskutierten Frage nach gesundheitlichen Effekten in der Umgebung von Reaktoren dar", erklärte das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) im Dezember 2007. Dennoch gingen die Ergebnisse im Streit der Fachleute zunächst unter. Selbst die Deutsche Strahlenschutzkommission habe die Ansicht vertreten, dass radioaktive Emissionen aus Atomanlagen als Ursache für eine Zunahme von Leukämieerkrankungen grundsätzlich auszuschließen seien, erinnerten die Grünen
Künast will mit "Mega"-Studie wachrütteln
Für die Studie wurden Werte von 75 Kernkraftwerken in fünf Ländern ausgewertet, darunter auch Meiler in Deutschland und den USA. Die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast, nannte die neue Untersuchung eine "Mega"-Studie, weil sie auf vielfältigen Expertisen und Gutachten basiert und so die Trefferquote erhöht: "Dies ist die umfassendste Studie in diesem Zusammenhang. Wir wollen jetzt wachrütteln." Sie forderte erneut den sofortigen Ausstieg aus den ältesten sieben Kernkraftwerken - wegen der hohen Kosten und der großen Gesundheitsgefahren.
Auch die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW forderte aufgrund der jetzigen Studie den Bundestag auf, den Strahlenschutz für die Bürger zu verbessern. "Das Gutachten belegt, dass für alle betroffenen Altersgruppen bis 24 Jahre ein signifikant höheres Erkrankungsrisiko als in anderen Landesteilen besteht", sagte IPPNW-Sprecherin Angelika Wilmen.