US-Moderator Tucker Carlson Das (vorläufige) Ende eines Gesinnungssöldners

Tucker Carlson
Tucker Carlson bei einem Auftritt in Des Moines im vergangenen Jahr
© imago
Fox News hat den rechtspopulistischen Moderator Tucker Carlson entlassen. Das war überfällig. Aber es heißt nicht, dass der Sender nun sanfter oder aufrichtiger wird.

Es ist erstaunlich, dass die Meldung von Tucker Carlsons Entlassung beim rechtspopulistischen Sender "Fox News" auch hierzulande Wellen schlägt.

Man muss nämlich wissen, dass Carlson selbst in den USA abends mit seiner Talkshow bestenfalls 3,2 Millionen Amerikaner erreichte. Und man muss wissen, dass seine Tiraden gerade mal das erfüllten, was man im Angelsächsischen als "Preaching to the Choir" bezeichnet. Also nur jene inhaltlich erreichte, die ohnehin nicht mehr überzeugt werden mussten.

Sein journalistischer Wert war mithin überschaubar, der publizistische für den Sender aber immens.

Carlson, 53, war stets ein Gesinnungssöldner. Aber längst nicht immer ein rechter Hetzer. Diese Wandlung vollzog er in Gänze erst bei "Fox News" – und zwar auch aus Kalkül. Und das ging auf. Er stieg auf zum erfolgreichsten Moderator des Senders mit seinen Hassreden gegen Schwarze, Schwule, Migranten, Latinos – also gegen alle und alles, wofür er am rechten Rand Applaus bekam. Und er bekam viel Applaus. Er verteidigte den Sturm aufs Kapitol und sprach genau wie sein Mentor Donald Trump unentwegt vom Wahlbetrug. Zumindest offiziell.

Genau darüber könnte er nun gestolpert sein. Denn im Zuge des Verfahrens, das der Wahlmaschinenhersteller Dominion gegen Rupert Murdoch und "Fox News" anstrebte, kamen haufenweise peinliche Mails zutage, die Carlson auch intern als zynischen Lügner entlarvten. Darin verurteilt er seinen vermeintlichen Freund und Förderer Trump, "ich hasse ihn leidenschaftlich", bezeichnete ihn als "dämonische Kraft" und als "Zerstörer". Und saß dann doch, Gipfel der Hybris und Heuchelei, abends mit Fliege und Konfirmandengesicht im Studio und verbreitete coram publico den üblichen Verschwörungsstuss. Er konnte vermutlich nur deshalb noch in den Spiegel schauen, weil auf ihn der Aphorismus des polnischen Schriftstellers Stanislaw Jerzy Lec zutraf: "Sein Gewissen war rein. Er benutzte es nie."

Vergangene Woche nun einigte sich Murdoch mit Dominion auf einen Vergleich und zahlte dafür einen hohen Preis, fast 800 Millionen Dollar. Für wider besseres Wissen verbreitete Lügen, deren Gesicht vor allem Tucker Carlson war.

Nun musste er gehen. Beliebt war Carlson bei "Fox News" ohnehin nicht. Aber wer nun glaubt, der Sender werde im kommenden US-Wahlkampf womöglich weicher, sanfter, aufrichtiger, hofft vergebens.

Einer von Carlsons Vorgängern zur Prime Time hieß Bill O'Reilly. Er war ein Wegbereiter des allabendlichen rechtspopulistischen Irrsinns. Er schrie, er jammerte, er warf sich den Republikanern an den Hals und kürte jeden Abend kurz vor Schluss seiner Show "The Worst Person in the World". Auch O'Reilly musste gehen. Wegen sexueller Übergriffigkeiten.

Gegen Carlson ist im Übrigen gleichfalls eine Klage einer ehemaligen Produzentin anhängig, es geht offenbar um "toxische Arbeitsbedingungen".

Dennoch wird Tucker Carlson selbstverständlich alsbald wieder einen Job finden. In den USA gibt’s genügend rechte Sender und Plattformen. One America News Network, Newsmax und Newsnation sollen dem Vernehmen nach bereits buhlen und bieten.

Und Fox News wird mit ebensolcher Sicherheit den nächsten Wadenbeißer am Mikrofon präsentieren. Schon der Quote wegen. An demagogischem Nachwuchs mangelt es in diesem Land nie. Weder in der Politik noch in den Medien. "Die Mutter der Idioten ist immer schwanger", heißt ein italienisches Sprichwort.

Und das gilt nicht nur in Italien.

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