Zentralrat will Integrationslotsen Was tun Muslime für Flüchtlinge?

Von Lisa-Marie Eckardt
Kritiker meinen, deutsche Muslime würden zu wenig für Flüchtlinge tun. Stimmt nicht, sagt der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek. Er will, dass deutsche Muslime Integrationslotsen werden.

Täglich kommen Hunderte Flüchtlinge bei uns an. Ihre Aufnahme in Deutschland scheint nur durch die vielen ehrenamtlichen Helfer halbwegs zu funktionieren. Weil die meisten Flüchtlinge aus muslimisch geprägten Ländern wie Syrien, Afghanistan, Irak, Pakistan oder dem Kosovo kommen, gibt es die Erwartung, dass sich die Muslime in Deutschland besonders für ihre Glaubensgenossen engagieren.

Doch Kritiker werfen den deutschen Muslimen vor, sich bei der Flüchtlingshilfe wegzuducken und diese den "Herkunftsdeutschen" zu überlassen, wie es etwa der Vorsitzende der Kurdischen Gemeinde Deutschland, Ali Ertan Toprak, im Interview mit der Katholischen Nachrichten Agentur (KNA) formuliert hat.

Auch Muslime haben Angst vor Fremden

Dabei sei das Engagement bei Muslimen ähnlich wie bei ihren nicht-muslimischen Landsleuten, sagte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime (ZMD), Aiman Mazyek, in einem Interview mit der „Welt“. "Bei vielen entflammt große Hilfsbereitschaft, sie arbeiten in den Gemeinden bis zur Erschöpfung, bei wenigen mischt sich auch Skepsis vor dem Fremden."

Die Mitglieder des Zentralrates, unter denen viele arabische Muslime seien, würden bereits von zahlreichen Kommunen gebeten, in Flüchtlingsheimen zu dolmetschen, erklärte Mazyek. Zudem würden die ehrenamtlichen Helfer trösten und zuhören, die Flüchtlinge zum orientalischen Essen einladen, mit ihnen beten, sowie bei Behördengängen und der Suche nach Deutschkursen helfen. 

"Deutsch und muslimisch - das geht zusammen"

"Wir führen ihnen aber noch etwas vor: Deutsch und muslimisch – das geht zusammen. Wir vermitteln ihnen, dass sie nicht ihre Wurzeln kappen müssen. Und umgekehrt, dass man sich als Muslim mit Deutschland identifizieren kann“, sagte Mazyek. Durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Moscheegemeinden würde es gelingen, Salafisten von den Flüchtlingsheimen fernzuhalten.

Doch anders als Kirchen und deren Wohlfahrtsverbände erhalten muslimische Gemeinden bislang keine staatliche Unterstützung. Damit erklären auch andere Verbände die geringe Sichtbarkeit der Hilfe muslimischer Gemeinden. Nurhan Soykan, Sprecherin des Koordinationsrates der Muslime (KRM) sieht auch in den Strukturen der Religionsgemeinschaften den Grund für die geringe Wahrnehmung des Engagements. "Leider ist das so, weil wir noch nicht professionalisiert sind, dass wir die Arbeit in Zahlen fassen können", erklärte sie dem Nachrichten- und Debattenmagazin "IslamIQ". Außerdem hätten Ehrenamtliche kein Interesse daran, ihre Arbeit zu dokumentieren und die Hilfsaktionen hätten oftmals private Träger. Für Muslime tagtägliche Gesten wie Spenden würden zudem oft übersehen, ergänzte Bekir Altaş, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG). 

Deutsche Muslime als Integrationslotsen

Dabei dürfte das Engagement der deutschen Muslime bei der Integration der Flüchtlinge eine essentielle Rolle spielen. ZMD-Vorsitzender Mazyek will, dass deutsche Muslime Integrationslotsen werden. "Wir sollten Integrationslotsen und Scouts heranbilden, die die arabische Sprache beherrschen und denselben Glauben wie die Flüchtlinge haben."“ Er könne sich vorstellen, dass dies einen starken Wirkungsgrad entfalte. Um Konflikte zu vermeiden, "sollte man den Flüchtlingen aber auch zügig unsere zentralen Verfassungswerte in einer obligatorischen Staatsbürgerkunde vermitteln", sagte Mazyek weiter. Am Ende solcher Kurse könne "so was wie ein Integrationspass stehen".

Für die Flüchtlinge sei es besonders wichtig, schnell zu lernen, "wie ich eine Fahrkarte ziehe, mein Kind in der Schule anmelde, aber auch, was ein Rechtsstaat mit Religionsfreiheit ist, und dass der respektvolle Umgang mit der großen Gruppe der Nichtgläubigen eine völlige Selbstverständlichkeit ist". Die Flüchtlinge müssten "die elementaren Spielregeln unseres Landes verinnerlichen, sonst gehören sie auf Dauer nicht hierher". Doch anders als Innenminister de Maizière glaubt der ZMD-Vorsitzende nicht, dass die Integration der arabischen Muslime schwieriger werde als die der türkischen. Der höhere Bildungsgrad, vor allem unter den Syrern, würde die Integration erleichtern.