Fremantle/Westaustralien Im Knast mit AC/DC

Von Andreas Srenk
Das Städtchen Fremantle an der Westküste Australiens gilt als Ausgehviertel für die neureichen Bewohner der Metropole Perth. Das Gefängnis soll es auf die Liste der Weltkulturerbestätten schaffen.

Da steht der kleine Mann in Fremantle, ganz lässig und cool auf einem Podest. Er sagt nichts, obwohl er sich ein Mikrofon vor den Mund hält. Er verlässt das Podest nicht, obwohl er posiert wie ein unbesiegbarer junger Gott, der einen Schritt nach vorn machen will. Denn sein Körper besteht aus einem Eisen-Bronze-Gemisch. Bon Scott heißt der Mann, geboren in Schottland, aufgewachsen in Fremantle. Er ist eine Legende, zumindest für Rockfans. 1974 schloss er sich der australischen Band AC/DC an und wurde als ihr extrovertierter Sänger zum Idol für Millionen.

Das Denkmal steht auf halbem Wege zwischen zwei im Leben von Bon Scott wichtigen Institutionen: einer Brauerei und einem Gefängnis. Sein kurzes, wildes Leben endete 1980 in London, als er mit 34 Jahren berufstypisch an einem Mix aus Alkohol, Drogen und seinem Erbrochenen starb.

Gefängnis mit unterirdischen Arbeitsbedingungen

Und dann ist da noch der Knast. Im Fremantle Prison saß der Mann, der nie erwachsen werden wollte, in den frühen 60er Jahren einige Monate wegen Diebstahls, Prügelei und Fahrerflucht ein. Wäre dieses Gefängnis eine Uni, würde man es altehrwürdig nennen. Seine Geschichte reicht bis ins Jahr 1855 zurück. Im Lauf der Jahrhunderte schleuste der Staat mehr als 10.000 Gefangene durch den Hochsicherheitstrakt. Ein buntes Verbrecher-Völkchen traf sich: Sträflinge aus England, gewöhnliche Kriminelle aus Australien, Kriegsgefangene, politische Häftlinge. In wenige Quadratmeter kleinen Zellen vegetierten sie bei 45 Grad im Schatten vor sich hin. Die Schinderei wurde auf die Spitze getrieben, als die Verurteilten Stollen in den Sandstein hauen mussten, um an das wertvolle Süßwasser zu gelangen, das sich unter dem Gefängnis gesammelt hatte. Bis zu 55 Millionen Liter Nasses wurden pro Jahr nach oben gepumpt.

Bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts war die Anstalt in Betrieb. Heute will sie zu kulturellen Ehren kommen und steht auf der Bewerberliste des Unesco-Weltkulturerbes, weil es vollständig erhalten ist und eine wichtige Rolle bei der Besiedlung Westaustraliens spielte.

Alle an die Ruder

Früher konnten Besucher nur den überirdischen Teil der Anlage besichtigen. Mittlerweile steigen die besonders Mutigen über Eisenleitern ins dunkle Reich der Häftlings-Stollenbauer hinab. Die labyrinthischen Gänge liegen zwanzig Meter unter dem Gefängnis. Gummistiefel, Overall, ein Helm mit Grubenlampe und eine Metallschiene mit Karabinerhaken wie beim Bergsteigen in den Alpen gehören zur gestellten Ausrüstung. Ganz wichtig: Die Amateur-Abenteurer müssen ins Röhrchen pusten. Doch dieser Alkoholtest ist strenger als auf deutschen Straßen: 0,0 Promille.

Weitere Infomationen

Anreise: Verschiedene Airlines fliegen Perth an, darunter täglich Quantas von Frankfurt über Singapur. Bis zum 25.12. kostet das Ticket 1.225 Euro (inkl. aller Steuern und Gebühren).

Einreise:

Ein noch sechs Monate gültiger Reisepass. In den meisten Fällen braucht man zusätzlich ist die elektronische Einreisegenehmigung im Reisebüro oder bei der Fluggesellschaft erhältlich; sonst elektronisches Besuchervisum eVisitor direkt unter www.germany.embassy.gov.au

Fremdenverkehrsamt:

Tourism Australia, www.australia.com/de

Informationen zu Perth und Fremantle:

www.experienceperth.com

Fremantle Prison:

www.fremantleprison.com

Rechts und links schmücken Häftlings-Graffiti die nackten Felswände. Kaum zu glauben, dass bei der Schufterei noch jemand Zeit hatte, kryptische Botschaften in die Wände zu ritzen. Ein Teil des kilometerlangen weit verzweigten Tunnelsystems steht unter Wasser. "Ab in die Ruderboote", lautet der lakonische Befehl von Führer Steve Frawley. Die Stille wird nur durch Paddelgeräusche, internationale Flüche, wenn eines der Boote eine Felswand rammt, und die geisterhafte Stimme von Steve unterbrochen, der anekdotenhaft die Geschichte des Knastes Revue passieren lässt. Nach zweieinhalb Stunden ist die Odyssee in die Unterwelt beendet, Tageslicht und frische Luft sind eine Wohltat.

Das Gefängnis wäre der Unesco-Auszeichnung würdig, so wie AC/DC in die Hall of Fame des Rock'n'Roll aufgenommen wurden. Bon Scott hat ja schon ein Denkmal, das die Fans in liebevoller Erinnerung gern mit einer Bierdose schmücken. Einer leeren natürlich.

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