Fußball-WM in Südafrika 2010 Vorfreude auf den Reibach

In Sicherheitsfragen und mit der Infrastruktur im Land hat der WM-Gastgeber noch Probleme. Wie man mit dem Fußballfest Geld verdient, haben sich die Südafrikaner hingegen von Schweizern zeigen lassen.
Von Marc Goergen, Kapstadt

Im Süden des Krüger-Nationalparks, direkt an einem Fluss, liegt das Skukuza-Camp. Es ist eines der größten Safari-Camps in Südafrika und eines der einfachsten: Die Betten ähneln Jugendherbergspritschen, Duschen und Klo gibt's im Sanitärhaus. Dafür ist die Anlage billig. Nur 50 Euro kostet ein Vier-Personen-Zelt pro Nacht. Normalerweise. Während der Fußballweltmeisterschaft werden es fast 500 Euro sein.

Es sind noch acht Monate bis zum Beginn der WM in Südafrika im Juni 2010, doch schon jetzt zeigt sich, dass man am Kap nicht nur ein guter Gastgeber sein will - sondern auch ordentlich verdienen möchte. 400.000 bis 500.000 Besucher erwartet das Land während des Sportspektakels, und den Vorstellungen, was die zahlen sollen, scheinen kaum Grenzen gesetzt. Der Aufschlag in den Hotels reicht von wenigen Prozent bis zur Verzehnfachung - und das im südafrikanischen Winter. Normalerweise tiefste Nebensaison.

Schweizer wickeln Ticket- und Hotelgeschäft ab

Der Weltfußballverband Fifa bemüht sich nur halbherzig, manch wahnwitzigen Preisvorstellungen Einhalt zu gebieten. Sie hat die Schweizer Sportrechtefirma Match mit der zentralen Vermarktung und Vermittlung von Zimmern beauftragt. Auch der gesamte Eintrittskartenverkauf wird über die Zürcher Makler abgewickelt.

Das Geschmäckle dabei: Chef von Infront, einer der Teilhaberfirmen von Match, ist Philippe Blatter - der Neffe des Fifa-Bosses Sepp Blatter. Die Fifa bestreitet jeden Zusammenhang bei der Vergabe des Auftrags. Und doch ist es nicht das erste Mal, dass Onkel und Neffe Blatter in erstaunlich enger Geschäftsverbindung stehen. Vor einigen Jahren vergab die Fifa Beraterjobs von insgesamt 10 Millionen Euro an McKinsey. Chef der Züricher Filiale damals: Philippe Blatter.

WM-Zimmer auf Mauritius

Für das Turnier in Südafrika stößt der exklusive Fifa-Partner nun auf Probleme: Bislang hat Match erst 40.000 seiner anvisierten 55.000 Zimmer gewinnen können. Viele kleinen Häuser scheuen die Bedingungen, etwa was Stornierungsfristen angeht, und wollen auch ihre Preise frei festsetzen. Um ihr Bettenkontingent für die WM zu erhöhen, sahen sich die Schweizer sogar unlängst gezwungen, Zimmer auf der Ferieninsel Mauritius zu blocken. Die liegt fernab im Indischen Ozean. Ein Spiel kann da mit Hin- und Rückreise schon mal 17 Stunden dauern.

Um mehr südafrikanische Hoteliers zur Unterschrift zu bewegen, lässt Match ihnen neuerdings bei den Preisen mehr Freiraum. Eigentlich wollte man sie an einem allzu großen WM-Aufschlag hindern. Schließlich kommen auf jedes Zimmer noch mal 30 Prozent oben drauf - als Kommission für Match.

Der große Reibach

Doch besonders in Kapstadt wittern die Vermieter den großen Reibach. "Ich werde meine Preise verdoppeln", sagt Ursula Boutry, Besitzerin des Boutiquehotels "Rouge on Roses", direkt neben dem Kapstädter Muslimen-Viertel Bo-Kaap. Heißt: Das Zimmer kostet statt 110 Euro dann 220 Euro. "Und damit bin ich hier in der Straße immer noch die günstigste." Luxusvillen werden in der Stadt für astronomische Preise annonciert. Ein Sechs-Zimmer-Haus im Nobelviertel Clifton soll in den WM-Wochen 3700 Euro kosten - pro Tag. Ein paar Kilometer weiter, im Edelvorort Llandudno, verlangt man für eine kleine Strandvilla sogar täglich 7000 Euro. Immerhin inklusive Koch. Unlängst warnte der südafrikanische Tourismusminister Marthinus von Schalkwyk die Hotelbesitzer: "Befördert euch nicht selbst aus dem Markt hinaus!"

Dabei ist gar nicht klar, wie viele Fans den Weg ans Ende von Afrika wagen werden. Zwar werden alle Stadien pünktlich fertig, manche davon, wie etwa die Arena in Kapstadt, sind sogar architektonische Highlights, doch abschrecken könnten die beiden Hauptprobleme Südafrikas: die Kriminalität und der öffentliche Nahverkehr.

Keine Sicherheit im Straßenverkehr

Vor wenigen Wochen traten sie sogar gemeinsam in Erscheinung. Als Johannesburg sein neues Busnetz in Betrieb nahm, beschossen Taxi-Chauffeure aus ihren Minibussen die Konkurrenzgefährte mit scharfer Munition - die Taxi-Industrie fürchtet um ihre Einnahmen. Verletzt wurde niemand, gelöst aber ist der Konflikt keineswegs. Dabei hatte sich während des Konföderationencups in diesem Juni gezeigt, dass gerade An- und Abtransport der Fans Probleme bereiten. Nach den Spielen warteten viele stundenlang auf Busse, die sie von den Stadien zu den Park-and-Ride-Parkplätzen bringen sollten. Und es waren nur etwa 4500 Menschen aus dem Ausland angereist - im nächsten Jahr sollen es hundert Mal so viele sein. Aus Nationen wie England, Deutschland oder der Niederlande begleiten bei großen Turnieren gewöhnlich Zehntausende Anhänger ihre Mannschaften.

Immerhin gibt es Hotelbetreiber, die das Monopoly um die Zimmer nur noch größenwahnsinnig finden. "Man kann doch nicht in vier Wochen Millionär werden", sagt Beat Gmür. Der 67-jährige Schweizer besitzt die "Thulani-Lodge" mitten im Johannesburger Trendviertel Melville. Ein gemütliches Bed & Breakfast, und eine gute Gegend für feiernde Fans. Gleich nebendran gibt es Restaurants und Kneipen; Melville ist eine der wenigen Gegenden von Johannesburg, in denen man abends halbwegs sicher von einem Klub zum nächsten schlendern kann. Gmür allerdings verweigert sich der Preistreiberei. Seine Tarife für 2010 gelten für das ganze Jahr. "Ich kann doch nicht meine Stammkunden verprellen", sagt er, "die Fans kommen vier Wochen. Danach müssen wir wieder von unserem normalen Geschäft leben."

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