Isabell und Armin Schwab aus der Nähe von Stuttgart sind erleichtert, als sie in Düsseldorf aus dem Flugzeug steigen. Sie wollten Urlaub in einem wieder entdeckten Paradies machen und entkamen nur knapp der Hölle: Die Schwabs haben die Flutkatastrophe in Sri Lanka miterlebet. "Es war schrecklich, es war unbeschreiblich. Die Flutwelle ist direkt durch unser Hotel hindurch gerollt", berichten die beiden, noch sichtlich unter Schock. "Plötzlich stand der erste Stock unseres Hotels unter Wasser. Wir konnten uns nur noch aufs Dach flüchten."
Die meisten Touristen hatten Glück im Unglück: Sie sind mit dem Leben davon gekommen. Viele Einheimische haben ihre Angehörigen verloren und stehen jetzt vor einem Trümmerhaufen. Nach offiziellen Angaben vom Dienstag starben in Sri Lanka mehr als 18.500 Menschen. Überlebende in den flachen Küstenregionen sind obdachlos, da ihre Häuser zerstört sind. Viele werden ihren Job verlieren, wenn Touristen und damit Geld aus bleiben.
Hoffnung auf Aufschwung weggespült
Dabei war die Hoffnung auf Aufschwung in dem von 20 Jahren Bürgerkrieg gezeichneten Land groß. Im Februar 2002 unterzeichneten tamilische Rebellen und srilankische Regierung ein Waffenstillstandsabkommen, dass dem gequälten Urlaubsparadies endlich Ruhe von Gewalt und Anschlägen bringen sollte. Touristen schöpften wieder Vertrauen und kurbelten die einheimische Wirtschaft kräftig an. Seitdem hat sich die Tourismus-Industrie, neben Tee, Textil und Kautschuk, zur viertgrößten Einkommensquelle des Landes entwickelt. Mit den Verwüstungen in den Touristenzentren im Süden der Insel droht diese nun zu versiegen."Am härtesten trifft es Sri Lanka", bestätigt Martin Schulz, Ökonom am Fujitsu Research Institute in Tokio. Anders als in Thailand, Malaysia oder Indonesien verfüge die Regierung nicht über genug Geld für Wiederaufbaumaßnahmen. Während in Phuket und auf den Malediven die Touristenzentren bald wieder in neuem Glanz erstrahlen dürften, bekommt Sri Lanka die Folgen der Flutwelle noch lange zu spüren. Erst 2006 sei mit größeren Wiederaufbaumaßnahmen zu rechnen, so Schulz.
Hintergrund: Sri Lanka
Sri Lanka ist mit 65.610 Quadratkilometern fast so groß wie Bayern und hat mehr als 19 Millionen Einwohner. Die frühere britische Kolonie Ceylon wurde 1948 unabhängig. Das Urlaubsparadies war fast zwei Jahrzehnte lang vom Krieg zwischen Armee und Tamilenrebellen überschattet. Ein von Norwegen vermitteltes Friedensabkommen beendete im Februar 2002 die Gewalt. Seitdem erlebte das Land einen vorsichtigen Aufschwung.
Rückschlag "bis zu zehn Jahre"
Von einem "Entwicklungsrückschlag von bis zu zehn Jahren" spricht der Leiter der Katastrophenforschungsstelle an der Universität Kiel, Wolf Dombrowsky. Er wirft den Verantwortlichen vor Ort Versäumnisse und falsche Prioritäten vor: "Ich finde es verhängnisvoll, wenn Staaten, die einerseits auf Tourismus setzen und darüber Geld verdienen wollen, die technischen Möglichkeiten für eine vernünftige Warnung der Touristengebiete nicht nutzen." Seiner Ansicht nach sei die Wahrscheinlichkeit einer solchen Katastrophe klein gerechnet worden, um das Geld anderswo einzusetzen. "Armut darf doch kein Freifahrschein für Dummheit und Versäumnis sein", appelliert er und fordert künftig ein Vorwarnsystem für derartige Naturkatastrophen.
Um das Vertrauen der Touristen zurück zu gewinnen, werden Thailand, Malaysia und die Malediven in den nächsten Monaten mit Sicherheit Frühwarnsysteme für Tsunamis einrichten. "Zumindest die ausländischen Touristen werden damit wesentlich besser gegen Überschwemmungen geschützt werden können", ist Martin Schulz überzeugt. Den Behörden in Sri Lanka hingegen wird ohne kräftige Finanzspritzen aus dem Ausland nichts anderes übrig bleiben, als auf die Vergesslichkeit ihrer Besucher zu hoffen. Aus den Augen, aus dem Sinn.