Bahn-Winterchaos viel schlimmer Nur jeder dritte Fernzug kam pünktlich an

Schnee, Dauerfrost, Chaos: Bahnfahren im Dezember konnte bisweilen eine nervtötende Geduldsprobe sein. Die Bahn versuchte, das Desaster kleinzureden - dabei war das Ausmaß der Verspätungen offenbar erheblich größer als bislang bekannt.

Nach einer Auswertung der Stiftung Warentest war im vergangenen Dezember an 20 großen Bahnhöfen nur knapp jeder dritte Fernzug pünktlich. Und damit das Ausmaß der Verspätungen bei der Deutschen Bahn durch den frühen Wintereinbruch deutlich größer als vom Unternehmen selbst eingeräumt.

Während die Bahn in einem Bericht ans Verkehrsministerium angegeben hatte, "tageweise" seien weniger als 70 Prozent der Fernzüge pünktlich gewesen, kommen die Tester zu einem ganz anderen Ergebnis: Die Pünktlichkeitsquote lag demnach nur bei 32 Prozent; selbst an guten Tagen kam gerade einmal gut die Hälfte (56 Prozent) der Fernzüge fahrplanmäßig an, an schlechten Tagen waren es gar nur 14 Prozent. An keinem einzigen Tag habe die Bahn eine Pünktlichkeitsquote von 70 Prozent erreicht, erklärte die Stiftung Warentest in Berlin.

Besonders häufig verspäteten sich demnach ICE-Züge. Drei Viertel der Hochgeschwindigkeitszüge waren verspätet unterwegs, fuhren also ihrem Fahrplan um mehr als fünf Minuten hinterher. Jeder vierte ICE hatte dabei eine Verspätung von mehr als einer halben Stunde oder fiel sogar völlig aus.

Marodes Schienennetz, anfällige Züge

Einer der Hauptgründe für die vielen Verspätungen war der Analyse zufolge das sanierungsbedürftige Schienennetz. Gestörte Signale und Weichen sowie "Verzögerungen im Betriebsablauf" belegten den Sanierungsbedarf ganz deutlich, erklärte die Stiftung Warentest. Auch die Züge erwiesen sich als anfällig. So entschuldigte die Bahn demnach allein am Frankfurter Hauptbahnhof im Dezember mehr als 400 Verspätungen mit "Störungen am Triebfahrzeug".

Die höchste Pünktlichkeitsquote der 20 berücksichtigten Hauptbahnhöfe erreichte laut "Test" die Hansestadt Stralsund, wo allerdings auch keine verspätungsanfälligen ICE-Züge halten. Auch in Freiburg und Stuttgart erreichten Fernreisende demnach recht häufig rechtzeitig ihr Ziel. Deutlich mehr Geduld mussten Reisende hingegen in Berlin, Magdeburg, Dresden, Leipzig oder Kassel-Wilhelmshöhe aufbringen. Diese Bahnhöfe erreichte im Schnitt höchstens einer von vier Fernzügen pünktlich.

Gute Informationspolitik

Lob bekam die Bahn von der Stiftung Warentest für die zügige Information über aktuelle Verspätungen. Die Daten auf der Bahn-Internetseite , die im Minutentakt aktualisiert werden, waren auch Grundlage für die Auswertung. Die Tester erfassten Ankunftszeiten und Verspätungsgründe von fast 60.000 ICE-, EC- und IC-Zügen sowie von Nachtzügen an 20 großen Bahnhöfen und Knotenpunkten.

AFP
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