Bald ist er da, der Sommer. Das bedeutet für viele Menschen vor allem eines: Koffer packen und ab in den Urlaub. Laut der jüngsten Tourismusanalyse der Stiftung für Zukunftsfragen planen 60 Prozent der Deutschen in diesem Jahr mindestens eine Reise, rund ein Drittel von ihnen innerhalb von Deutschland. Experten rechnen mit einem Reisestrom, der an die vorpandemische Zeit erinnert.
Allerdings trifft unser altbekanntes Fernweh auf neue Gegebenheiten. Denn nicht alles ist längst wieder so, wie es vor der Coronavirus-Pandemie einmal war. Das trifft vor allem auf die Personalsituation in vielen Branchen zu – auch im Tourismus und im Gastgewerbe.
Laut aktuellen Zahlen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) sind allein in Deutschland rund 50.000 Arbeitsplätze in der Hotellerie und der Gastronomie unbesetzt.
Warum es an Personal fehlt
Ein Problem, das zwar in erster Linie die Betriebe trifft – aber auch für Urlauber in diesem Jahr spürbar sein kann, wie Janina Rautenstrauch-Ulbricht von der Personalvermittlungsagentur "MeinSaisonjob.de" im Gespräch mit dem stern berichtet: "Es wird überall mit Einschränkungen bei Qualität und Angebot zu rechnen sein."
Was das konkret bedeuten kann, hat das Edel-Restaurant "Jünne" auf Sylt im vergangenen Jahr gezeigt. Nach nur drei Monaten musste das gefeierte Gosh-Gasthaus schließen – weil nicht genug Personal gefunden wurde, das sich das Leben auf der Luxus-Insel leisten konnte.
"Time Magazine" zählt Sylt zu den schönsten Orten für dieses Jahr – genauso wie zehn weitere europäische Reiseziele

Ja, die Bezahlung ist einer der Gründe, warum viele Gastronomen und Hoteliers dieser Tage vergeblich nach Personal suchen. Aber es ist nicht der einzige, wie Rautenstrauch-Ulbricht erklärt: "Viele Betriebe setzen nach wie vor eher auf gelerntes Fachpersonal und scheuen sich, Quereinsteiger einzustellen. Dabei geht der Trend klar in die Richtung 'on the Job training'." Das Problem des Personalmangels sei daher auch kein wirklich neues, es habe sich durch die Pandemie lediglich verschärft.
"Dimension des Notstands"
Das lässt sich auch beobachten, wenn man über die Grenzen deutscher Urlaubsorte hinausschaut. Auch beliebte Reiseziele wie Spanien, Italien und Griechenland haben in diesem Jahr mit einem erheblichen Personalmangel zu kämpfen, wie das "Handelsblatt" berichtet. "Das Problem des Personalmangels hat inzwischen die Dimension eines echten Notstands erreicht", zitiert das Blatt etwa Vittorio Messina, den Präsidenten des italienischen Tourismus-Branchenverbandes.
Die drastischen Worte braucht es beinahe nicht, wenn man sich die Zahlen einmal ansieht: Landesweit sind in Italien rund 40 Prozent der Stellen im Gastgewerbe unbesetzt. In Griechenland sind um die 60.000 von insgesamt 263.000 Arbeitsplätze vakant, Spanien blickt auf die gleiche Vakanz – vor allem auf den Balearen fehlt es an Personal in Hotels und Restaurants.
Alle Urlaubsländer rechnen trotzdem mit einem Ansturm, der an eine Zeit vor Corona erinnert. Das heißt: Viele Urlauber treffen auf wenig Personal. Auf was also sollten sich Reisende in diesem Sommer einstellen? In erster Linie wohl auf Chaos an der ein oder anderen Stelle. Laut Rautenstrauch-Ulbricht gab es das aber in den vergangenen Jahren mitunter auch schon.
Was wird aus den Betrieben?
Trotzdem gibt es ihrer Ansicht nach zwei Punkte, die es in diesem Jahr besonders zu beachten gilt. Einerseits kann sich das Angebot kurzfristig ändern. Das liege daran, dass viele Betriebe sich aufgrund des Personalmangels "gesundschrumpfen". "Das heißt, dass ein Hotel beispielsweise das hauseigene Restaurant schließt und nur noch Frühstück anbietet." Es lohnt also, vorher nachzufragen, was in diesem Jahr angeboten wird.
Noch wichtiger ist ihr aber der zweite Punkt: "Reisende sollten sich in ihrem wohlverdienten Urlaub nicht zu sehr darüber ärgern, wenn die Servicekraft mal ein paar Minuten länger braucht." Das Gebot der Stunde heißt also Gelassenheit.