Flugpassagieren müssen sich wohl auf eine turbulente Woche einstellen: Am Montag könnte es in der Abfertigung zu Verzögerungen kommen, und möglicherweise schon am Mittwoch droht der erste bundesweite Streik der Fluglotsen in der Nachkriegsgeschichte. Die Tarifverhandlungen für die rund 5000 Beschäftigten der Deutschen Flugsicherung (DFS), darunter 1900 Fluglotsen, sind am Freitag in Frankfurt gescheitert. Vertreter der DFS und der Gewerkschaft GdF konnten sich in der letzten Verhandlungsrunde der erneuten Schlichtung nicht auf einen Kompromiss einigen, wie Sprecher der Gewerkschaft und der DFS erklärten. Die DFS sprach von einem "Eklat" und warf der Gewerkschaft vor, sie habe die Gespräche platzen lassen.
Die ersten Streiks könnte nach Gewerkschaftsangaben möglicherweise am Mittwoch stattfinden. Zunächst werde die Tarifkommission am Montag über das weitere Vorgehen beraten und damit auch über einen möglichen Ausstand, sagte der Sprecher. Theoretisch könnte die DFS erneut die Schlichtung anrufen, wäre aber dieses Mal aber auf die Zustimmung der Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) angewiesen, wie deren Sprecher erläuterte. Die DFS will ebenfalls am Montag über das weitere Vorgehen entscheiden - auch über eine mögliche Klage vor dem Arbeitsgericht.
Nach dem Scheitern eines ersten Schlichtungsversuchs hatten sich die Tarifparteien unter Vorsitz des Arbeitsrechtlers Volker Rieble erneut zusammengesetzt. Die Runde am Freitag war die vierte und letzte seit Ablehnung des Schlichterspruchs durch die GdF.
Auch an der Basis rumort es
Die zwölfstündigen Verhandlungen scheiterten laut DFS nicht an der Vergütung, sondern an der Gewerkschaftsforderung nach umfangreichen Beförderungen innerhalb der Lotsenschaft. Demnach forderte die GdF, "dass zahlreiche Mitarbeiter nicht nur die bereits vereinbarte Gehaltserhöhung von 5,2 Prozent bekämen, sondern qua Beförderung gleich noch eine weitere signifikante Anhebung". "Als die GdF-Vertreter diese Forderung kurzerhand für nicht verhandelbar erklärten, endete das Schlichtungsgespräch ergebnislos", erklärte die Flugsicherung.
Während die zu den Top-Verdienern zählenden Fluglotsen mehr Mitspracherechte verlangen, rumort es auch "an der Basis" beim vergleichsweise schlechter bezahlten Personal der Bodenabfertigung. Am Montag wollen die Beschäftigten an zahlreichen deutschen Airports Betriebsversammlungen abhalten, wodurch es zu Verzögerungen bei der Abwicklung der Flüge kommen könnte. Allein am größten deutschen Flughafen in Frankfurt werden voraussichtlich 2000 Beschäftigte der Bodenverkehrsdienste an der mehr als einstündigen Veranstaltung teilnehmen, wie ein Sprecher von Verdi Hessen sagte.
Für Aufregung unter den Beschäftigten sorgt ein Vorschlag der EU-Kommission für mehr Wettbewerb bei der Bodenabfertigung. "Wir befürchten einen weiteren Lohnabbau sowie eine Ausweitung der Zeit- und Leiharbeit, wenn diese Vorstellungen Gesetz werden", erklärte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle am Freitag.