
DIE STERNEKÖCHIN
Anna Matscher, 59, ist Südtirols einzige Köchin mit einem Michelin-Stern. Zusammen mit Ehemann und Tochter betreibt sie das Restaurant „Zum Löwen“ in Tisens.
„Ich bin auf einem Bauernhof im Pustertal aufgewachsen, als zweijüngstes von acht Kindern. Mein Vater war Invalide, die Mutter musste oft auf dem Feld arbeiten. So hat sie mir früh das Kochen beigebracht, Speckknödel mit Schnittlauch, Krapfen mit Spinat oder Marmelade. Einmal im Jahr wurde ein Schwein geschlachtet, von dem wir alles verarbeiteten. Obwohl ich damals gerne gekocht habe, war es undenkbar, dass ich einmal Köchin werden würde. Nach der Schule habe ich mich für eine Ausbildung zur Masseurin entschieden. Ein schöner Beruf, der mir Freude bereitet hat, auch wenn er nicht meine Berufung war.
Eines Tages tauchte ein charmanter Banker mit verletztem Knie auf, der Luis. Bald lockte er mich unter dem Vorwand, sein Knie würde so schmerzen, zu sich nach Hause. Und wie das so geht im Leben, wurde er mein Ehemann. Seine Familie besaß das jahrhundertealte Gasthaus „Zum Löwen“ in Tisens, einem Dorf inmitten von Apfelwiesen im Etschtal. Luis und ich liebten gutes Essen. Also sagte ich ihm: Du, wir sind jung, wir haben Energie, lass uns das Gasthaus übernehmen. Ich mach das Essen, du den Wein. Der Anfang war hart. Wir mussten das marode Haus umbauen, in der Küche stand noch ein uralter Ölherd. Und ich hatte als Autodidaktin so vieles zu lernen: die Saucen, die Fischzubereitung, die Garzeiten. Einmal habe ich dem Chef meiner Schwester seinen Rehrücken total durchgebraten. Da hätte ich mich unterm Tisch verstecken wollen. Zehn Jahre später bekamen wir den Michelin-Stern. Mit Elementen aus der Küche meiner Kindheit: Knödeln und Blutwurst, aber auch Fisch, Cannelloni und vielen Kräutern. Die Südtiroler Küche galt lange als schwer und fettig. Mein Menü soll leichter sein. So, dass man keinen Schnaps drüberkippen muss. Mich freut besonders, wenn ein Gast am Ende sagt: Ich könnte jetzt eigentlich wieder von vorne anfangen.“
Anna Matscher, 59, ist Südtirols einzige Köchin mit einem Michelin-Stern. Zusammen mit Ehemann und Tochter betreibt sie das Restaurant „Zum Löwen“ in Tisens.
„Ich bin auf einem Bauernhof im Pustertal aufgewachsen, als zweijüngstes von acht Kindern. Mein Vater war Invalide, die Mutter musste oft auf dem Feld arbeiten. So hat sie mir früh das Kochen beigebracht, Speckknödel mit Schnittlauch, Krapfen mit Spinat oder Marmelade. Einmal im Jahr wurde ein Schwein geschlachtet, von dem wir alles verarbeiteten. Obwohl ich damals gerne gekocht habe, war es undenkbar, dass ich einmal Köchin werden würde. Nach der Schule habe ich mich für eine Ausbildung zur Masseurin entschieden. Ein schöner Beruf, der mir Freude bereitet hat, auch wenn er nicht meine Berufung war.
Eines Tages tauchte ein charmanter Banker mit verletztem Knie auf, der Luis. Bald lockte er mich unter dem Vorwand, sein Knie würde so schmerzen, zu sich nach Hause. Und wie das so geht im Leben, wurde er mein Ehemann. Seine Familie besaß das jahrhundertealte Gasthaus „Zum Löwen“ in Tisens, einem Dorf inmitten von Apfelwiesen im Etschtal. Luis und ich liebten gutes Essen. Also sagte ich ihm: Du, wir sind jung, wir haben Energie, lass uns das Gasthaus übernehmen. Ich mach das Essen, du den Wein. Der Anfang war hart. Wir mussten das marode Haus umbauen, in der Küche stand noch ein uralter Ölherd. Und ich hatte als Autodidaktin so vieles zu lernen: die Saucen, die Fischzubereitung, die Garzeiten. Einmal habe ich dem Chef meiner Schwester seinen Rehrücken total durchgebraten. Da hätte ich mich unterm Tisch verstecken wollen. Zehn Jahre später bekamen wir den Michelin-Stern. Mit Elementen aus der Küche meiner Kindheit: Knödeln und Blutwurst, aber auch Fisch, Cannelloni und vielen Kräutern. Die Südtiroler Küche galt lange als schwer und fettig. Mein Menü soll leichter sein. So, dass man keinen Schnaps drüberkippen muss. Mich freut besonders, wenn ein Gast am Ende sagt: Ich könnte jetzt eigentlich wieder von vorne anfangen.“
© Udo Bernhart/ / Picture Alliance