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Rücktritt von Ashleigh Barty Die Barty-Party ist vorbei – und es geht mehr als nur eine Tennisspielerin

Ashleigh Barty nach dem Sieg bei den WTA-Finals 2019.
Mit 25 Jahren und drei Grand-Slam-Titeln im Gepäck verlässt Ashleigh Barty die Tennisbühne.
© Stringer/ / Picture Alliance
Es ist ein Paukenschlag: Mit nur 25 Jahren beendet die Weltranglistenerste im Damentennis, Ashleigh Barty, ihre Karriere. Und das kurz nachdem die junge Australierin die Durststrecke ihres Landes bei den Australian Open beendete. Der Schritt aber kommt wohlüberlegt und für Barty zum richtigen Zeitpunkt.

Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist – ein deutsches Sprichwort trifft wohl am ehesten auf die Entscheidung von Ashleigh Barty zu, ihre Tenniskarriere zu beenden. Mit 25 Jahren und im besten Tennisalter stellt das Ausnahmetalent die Schläger in die Ecke, "um sich anderen Träumen zu widmen", wie sie in einem emotionalen Post auf Instagram mitteilte.

Keine zwei Monate ist es her, dass die Tennisspielerin aus dem australischen Ipswich die Rod-Laver-Arena in Melbourne zum Kochen brachte. In einem dramatischen Finale nach einem 1:5-Rückstand im zweiten Satz gewann die 25-Jährige die Australian Open und beendete eine 44 Jahre währende Durststrecke. Christine O’Neill war 1978 die letzte Australierin, die den Titel gewann. Für Barty war es der dritte Triumph bei einem der Grand-Slam-Turniere, vielleicht ihr schönster, sicherlich aber ihr letzter. Es war auch die Geburtsstunde der Barty-Party in den Medien, die nach zwei Monaten beendet ist. Was genau Barty für die Zukunft plant, ließ sie zunächst offen. Für Donnerstag kündigte sie aber eine Pressekonferenz an, wo sie sich äußern will.

Ashleigh Bartys Dank an ihre Mentorin

Dass Barty überhaupt drei Grand-Slam-Titel im Einzel gewann, hat sie auch der Frau zu verdanken, die das Abschiedsinterview auf Instagram mit ihr führte: Casey Dellacqua. Nach ihrem Aus bei den US Open 2014 nahm sich die damals 18-jährige Barty eine Auszeit, auch das Karriereende stand erstmals vor der Tür. "Ich bin schon seit jungen Jahren immer auf Reisen gewesen und das war mir einfach zu viel und ging mir zu schnell", erinnerte sich Barty später auf dem Portal "Cricket.com". Barty wechselte das Schlagwerkzeug und stieg vom Tennis auf Cricket um, eine Sportart, die sie schon länger faszinierte. Auch hier fand sich die talentierte Allrounderin schnell ein und spielte für ein Team in der Profiliga "Women’s Big Bash League".  

Über Dellacqua, die selbst mittlerweile ihre Tennis-Karriere beendet hat und als Moderatorin arbeitet, fand Barty ein Jahr später zurück auf die Tennisplätze Australiens. Bereits vor ihrer Auszeit hatten die beiden erfolgreich im Doppel gespielt, eine gemeinsame Trainingsstunde soll sie wieder zurück zur Jagd auf die gelbe Filzkugel gebracht haben. "Sie hat als Persönlichkeit so viel für mich gemacht und war vom Beginn meiner Karriere an immer für mich da. Sie hat es ermöglich, dass ich mich entfalten kann und die Balance zwischen dem Privatleben und dem Leben eines Profis finden kann. Ich liebe sie einfach", konstatierte Barty in einem Interview nach dem Triumph in Melbourne im Januar. Zuvor hatte sie nach der Gratulation von Gegnerin und Schiedsrichterin den direkten Weg zu Dellacqua gesucht und ihr einen Kuss auf die Stirn gedrückt.

Ashleigh Barty bedankt sich bei Casey Dellacqua mit einem Küsschen.
Mentorin und Freundin: Nach ihrem Triumph bei den Australian Open bedankte sich Ashleigh Barty bei Casey Dellacqua mit einem Küsschen.
© Sydney Low/ / Picture Alliance

Dabei ging es der 25-Jährigen nie um das große Geld und Titel. Als sie Ende 2019 das WTA-Finale gewann, wurde dieser Titel mit sechs Millionen Euro vergoldet. Ausgeben aber wollte sie das Geld nicht für sich. "Ich bin ziemlich froh mit meinem kleinen Haus in Australien und habe alles, was ich benötige. Wahrscheinlich bin ich eine langweilige Person, weil ich kaum Geld für mich ausgebe", erklärte Barty. Nutznießer waren aber Lucy und Oscar, die Nichte und der Neffe der Tennisspielerin, denen sie eine neue Schaukel im Garten versprach. Die 25-Jährige erschien in Interviews immer freundlich, mit einem Lächeln, vor allem aber bodenständig. "Ich habe so viele Träume, die ich jagen möchte und die nicht daraus bestehen, die Welt zu bereisen, weg zu sein von meiner Familie und von meiner Heimat, wo ich eigentlich immer sein wollte", erklärte Barty in ihrem Abschiedsinterview.

Der Erfolg und die Trophäen bedeuten ihr nichts, schrieb Bartys Schwester Sara im Mai 2019 in einem Artikel für "Athletes Voice". Gerade in der Juniorenzeit habe sie gespielt, weil sie den Sport liebe. "Sie hat einen Teil ihrer Trophäen dem Tennis Club geschenkt, damit sie sie für Juniorenturniere wiederverwenden können", erinnert sich Sara Barty in dem Artikel. Andere seien in einem Raum bei ihrem Vater eingeschlossen. Die, die sich als Vasen nutzen lassen, überließ Barty ihrer Mutter und den Schwestern. Und nicht nur ihr Nichte und ihr Neffe waren immer im Kopf Bartys, sondern auch der Rest der Familie. "Wir bekamen andauernd Geschenke von ihr. Egal, wohin sie reiste, Ash brachte immer Geschenke mit."  Eine ähnliche Einstellung legte auch Biathletin Magdalena Neuner an den Tag, die 2012 ebenfalls im Alter von 25 Jahren ihre Karriere beendete. Das Biathlon-Aushängeschild hätte alle Rekorde brechen können, doch der Erfolg habe sie nie interessiert, erklärte die Sportlerin damals in ihrer Rücktrittsankündigung. Beide verband die Liebe zu ihrem Sport, nicht die Jagd nach Erfolgen.

Konkurrentinnen verneigen sich

Dass Barty sich großer Beliebtheit bei ihren Konkurrentinnen erfreute, zeigen auch deren Reaktionen. Ihre Tennis-Freundin Julia Görges gratulierte ihr zu einer "unglaublichen" Karriere. "Ich bin unglaublich stolz auf dich", schrieb die 33-Jährige, die ebenfalls bereits zurücktrat: "Wie du zurückgekommen bist, nachdem du 2014 aufgehört hattest zu spielen, ist herausragend", meinte sie. Barty sei ein "wahrer Champion".  Die ebenfalls dreifach Grand-Slam-Siegerin Angelique Kerber sprach Bewunderung für die Entscheidung aus. "Du verlässt das Tennis als ein wahrer Champion und zu deinen eigenen Bedingungen, einfach deinem Weg folgend, so wie du es immer getan hast", schrieb Kerber auf Twitter. "Verfolge weiter deine Träume, ich weiß, du wirst es", schrieb Kerber, die im vergangenen Jahr noch im Halbfinale von Wimbledon gegen Barty in zwei Sätzen verloren hatte. US-Spielerin Maddison Keys nannte Barty "eine großartige Spielerin und was noch wichtiger ist, einer der nettesten Menschen auf der Tour". Simona Halep schrieb, dass sie ihre Freundin vermissen werde: "Du warst anders und besonders."

Keinen Hehl machte Barty aber auch daraus, dass der Tenniszirkus an den Kräften der Weltranglistenersten gezehrt hat. Bereits nach dem Wimbledon-Triumph im Vorjahr habe sie das Bauchgefühl gehabt, dass sie Schluss machen wolle mit dem Tennis. „Ein kleiner Part in mir war aber noch nicht ganz zufrieden, und dann kamen die Australian Open. Und das war der perfekte Weg für mich, meine unglaubliche Reise zu würdigen“, so Barty, die im Spätherbst ihrer jungen Karriere nach eigenen Angaben einen Perspektivwechsel habe. „Mein Glück war nicht mehr abhängig von den Ergebnissen.“ Für sie sei Erfolg, zu wissen, dass sie immer alles gegeben habe. Jetzt aber fehle ihr der Antrieb, physisch und emotional, weiter auf einem Top-Level zu spielen. „Aber das ist Erfolg für mich: Ich habe einfach alles für den Sport gegeben und bin wirklich erfüllt und glücklich damit.“ Mehr kann man an seinem Karriereende nicht wollen.

Quellen: dpa, Athletes Voice, The West Australian, Tennis 365, Spiegel, Cricket.com

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