Mit einer Kompromisslösung ist die Auseinandersetzung um die Radikal-Reform in der Formel 1 nach sechs Tagen heftiger Diskussionen beendet worden. Die technische Arbeitsgruppe des Internationalen Automobilverbandes (FIA) einigte sich in London auf eine entschärfte Version der in der Vorwoche präsentierten Regeländerungen. Das ursprünglich für den Saisonbeginn geplante Verbot der elektronischen Fahrhilfen Traktionskontrolle und Automatikgetriebe wird verschoben und gilt erst ab der Jahreshälfte beim Großen Preis von Großbritannien in Silverstone am 20. Juli, teilte die FIA am Abend mit.
Mithören erlaubt
Auch andere zunächst vorgesehene Regeländerungen wurden abgemildert. Der Funkverkehr zwischen Fahrer und Box wird nun doch erlaubt, aber mit Einschränkungen: So dürfen keine anderen Daten damit übertragen werden. Zudem müssen FIA und Rundfunk mithören können. Die Datenübertragung (Telemetrie) vom Auto zur Box wird erst ab 2004 verboten, das Verbot der Datenübertragung von der Box zum Auto gilt hingegen ab sofort.
Ersatzauto nur nach Totalschaden
Der Einsatz des Ersatzautos ist nur dann erlaubt, wenn ein Rennwagen irreparabel beschädigt ist. Der heftig umstrittene FIA-Plan, wonach an den Autos zwischen dem Qualifikationstraining am Samstag und dem Rennen am Sonntag nicht mehr gearbeitet werden darf, wurde etwas abgemildert. Unter Aufsicht dürfen die Autos in den Boxen bleiben. Arbeiten daran sind sehr eingeschränkt möglich.
Technik-Chefs kippten die Radikal-Reform
Damit haben die Sportbehörde und die Teams sechseinhalb Wochen vor dem Saisonstart am 9. März in Melbourne die drohende Zerreißprobe abgewendet und auch die Unsicherheit über das Reglement beendet. FIA-Präsident Max Mosley hatte am vergangenen Mittwoch alle überrascht und mit den radikalsten Regeländerungen der Formel-1-Geschichte für Aufruhr gesorgt. Damit wollte der FIA-Chef in Zeiten der Krisen und Team-Pleiten die explodierenden Kosten in der höchsten Motorsport- Klasse erheblich senken. Doch zwei Tage nach der Bekanntgabe der FIA- Beschlüsse lehnte die technische Arbeitsgruppe, in der die Technik-Chefs der Teams vertreten sind, die Beschlüsse als undurchführbar ab. Während die Teams in Barcelona ihre Vorbereitungen forcierten, tagten in London erneut die Technik-Chefs der Teams sowie unabhängige Gutachter auf der Suche nach einer Lösung.
Einsparungen von 50 Prozent
Max Mosley erhofft sich von der Reform Einsparungen für die finanzschwachen Teams von bis zu fünfzig Prozent. Nachdem derzeit das Mindest-Budget eines Rennstalls im Jahr auf rund 50 Millionen Dollar geschätzt wird, glaubt Mosley mit den neuen Regeln an deutlich preisgünstigere Voraussetzungen. "Wir können lediglich Rahmenbedingungen schaffen, die es erlauben, mit weniger Geld zu überleben. Ich würde schätzen, das ist jetzt mit 25 bis 30 Millionen Dollar möglich", sagte er der Fachzeitschrift "auto, motor und sport".
Schumis Auftakt-Crash
Unterdessen begann Weltmeister Michael Schumacher das Arbeitsjahr 2003 mit einem Missgeschick. Der Ferrari-Star landete am Dienstag bei seiner ersten Dienstfahrt seit drei Monaten zunächst im Reifenstapel. Schumacher kam bei Testfahrten in Barcelona in seiner ersten Runde von der Strecke ab und beschädigte beim offenbar harmlosen Aufprall den Heckflügel an seinem Ferrari. "Ich bin nur weggerutscht", sagte er lachend nach der Rückkehr zur Ferrari-Box. Nach der Reparatur des Autos setzte Schumacher die Tests fort.
Grund für den Ausrutscher war die morgens noch schlechte Bodenhaftung auf Grund des kühlen Wetters. "Es war ziemlich kalt, und da war noch viel Schmutz von den Testfahrten der letzten Woche auf der Strecke", erklärte Schumacher.
Der fünfmalige Champion, der eine Woche nach dem letzten Grand Prix des Vorjahres Ende Oktober seinen letzten Auftritt in einem Formel-1-Auto hatte, hatte mit Reifentests im Vorjahres-Auto auf dem "Circuit de Catalunya" die Saisonvorbereitung begonnen. Der neue Ferrari wird erst am 7. Februar in der Firmenzentrale in Maranello präsentiert.