Jens Lehmann macht ernst und erhöht im Schuhstreit der deutschen Nationalmannschaft noch einmal den Druck auf den Deutschen Fußball-Bund. Bereits vor der angekündigten Suche nach einer Kompromisslösung zwischen Verbandsspitze und Mannschaftsrat bis zum ersten EM-Qualifikationsspiel gegen Irland an diesem Samstag trainierte der Torhüter des FC Arsenal London bereits in den Schuhe seines persönlichen Ausrüsters (Nike) und schuf damit neue Fakten.
Manager Oliver Bierhoff hatte Lehmann zwar mit deutlichen Worten darauf hingewiesen, dass er noch mit den Schuhen des offiziellen DFB-Partners (adidas) auflaufen müsse. Doch die Nummer 1 im DFB-Team lehnte dies mit Hinweis auf gesundheitliche Probleme ab. "Er hat schon seit 14 Tagen Fersen-Probleme. Da war er nicht bereit, das Risiko einzugehen, mit adidas-Schuhen zu trainieren", sagte Bierhoff am Mittwoch in Stuttgart der Nachrichtenagentur DPA. Lehmann habe sich spezielle Nike- Schuhe gegen seine Probleme zugelegt.
Zwanziger fordert "Geben und Nehmen"
Während sich WM-Torschützenkönig Miroslav Klose und weitere Spieler vor dem Spitzengespräch zwischen dem Mannschaftsrat und der DFB-Führung noch an Bierhoffs Weisung halten, spitzte Vorreiter Lehmann die Situation unter den Augen der Öffentlichkeit weiter zu. "Ich hoffe, dass dies keine Auswirkungen auf die Gespräche haben wird, die in den nächsten Tagen stattfinden werden. Eine schnelle Lösung ist nötig, weil sonst auch der Trainer immer wieder in komplizierte Situationen gerät", erklärte Bierhoff mit Blick auf Bundestrainer Joachim Löw. Vor dem letzten Länderspiel gegen Schweden (3:0) hatten die Spieler sogar einen Boykott nicht ausgeschlossen, falls die freie Schuhwahl im deutschen Team nicht durchgesetzt werde.
DFB-Präsident Theo Zwanziger, der dem Mannschaftsrat in Stuttgart Lösungsvorschläge unterbreiten will, warnte in mehreren Interviews die Mannschaft davor, nicht zu überziehen. "Die Spieler müssen aufpassen, bei allem, was auch wirtschaftlich auf dem Spiel steht, dass das Ansehen der Mannschaft nach dieser tollen WM nicht beschädigt wird. Es ist niemandem gedient, wenn man als Nationalspieler die Frage stellt, dass man unter gewissen Umständen nicht spielt", betonte der Verbandschef in der "Heilbronner Stimme" und forderte ein "Geben und Nehmen".
Lehmann erhöht den Druck
Lehmann hatte bereits nach der Partie gegen Schweden die Spieler zu den Gewinnern im Schuhstreit erklärt und auf "das Wort" des DFB-Präsidenten verwiesen, die freie Schuhwahl zuzulassen. "Das hat mich schon verwundert, ich bin sicher, dass dies Herr Zwanziger so nicht gesagt hat", bemerkte Manager Bierhoff und schloss an: "Jens war sicher ein bisschen voreilig, vielleicht wollte er auch noch etwas den Druck erhöhen. Aber das ist völlig unnötig."
Im Eiltempo hatte die DFB-Spitze mit Partner adidas, der noch einen Vertrag einschließlich der Schuh-Exklusivität bis 2010 besitzt, verhandelt. Auf keinen Fall werde der DFB der wirtschaftliche Verlierer sein, sagte Zwanziger in Richtung Spieler.
"Der Einzelne kann in seiner Freizeit alles in die Hand nehmen und tragen, was ihm passt. Aber in dem Moment, in dem er den Adler auf der Brust trägt, geht das nicht mehr", unterstrich Zwanziger in der "Badischen Neuesten Nachrichten" nochmals vor der wohl finalen Verhandlungsrunde. Auch die Spieler würden wissen, dass der DFB kein anonymes Gebilde sei, "bei dem das Geld im Main verschwindet, sondern dass wir die Aufgabe haben, dafür zu sorgen, dass es auch künftig noch Podolskis und Schweinsteigers geben wird".