"Kanada-König" Michael Schumacher hat durch seinen insgesamt sechsten Sieg auf seiner Paradestrecke in Montreal erstmals in dieser Saison die WM-Führung übernommen. Der fünfmalige Formel-1-Weltmeister und Ferrari-Star gewann am Sonntag auf dem Cricuit Gilles Villeneuve vor Ralf Schumacher. Damit wiederholten die beiden Rheinländer ihren historischen Doppelerfolg von 2001, als erstmals in der Grand-Prix-Geschichte zwei Brüder die ersten beiden Plätze belegt hatten. Damals hatte allerdings der Williams-BMW-Pilot vor dem "großen Schumi" gelegen.
Dank seiner zehn Punkte und dem vierten Saisonsieg sicherte sich Michael Schumacher vor seinem Heim-Grand-Prix in zwei Wochen auf dem Nürburgring die Halbzeit-WM, da der bisherige Spitzenreiter Kimi Räikkönen im McLaren-Mercedes nur Sechster wurde. In der WM-Wertung liegt Titelverteidiger Schumacher nach seinem insgesamt 68. Grand- Prix-Sieg seiner Karriere mit nunmehr 54 Punkten vor dem Finnen (51 Punkte), der in Montreal aus der Boxengasse gestartet war. Dritter ist der Spanier Fernando Alonso (34) vor Ralf Schumacher (33).
Schwarzes Wochenende für die Mönchengladbacher
Beim vierten Doppelerfolg der Schumachers gewann Michael nach 70 Runden und 305,270 km auf dem 4,361 km langen Stop-und go-Kurs in 1:31:13,591 Stunden. Der 34-Jährige lag bei einem der engsten Rennausgänge nur 0,7 Sekunden vor Ralf und 1,3 Sekunden vor dessen Teamkollegen und Monte-Carlo-Sieger Juan Pablo Montoya. Ein schwarzes Wochenende erlebten wieder einmal die beiden Mönchengladbacher Sauber-Piloten: Heinz-Harald Frentzen (8. Runde) schied zum vierten Mal hintereinander aus, Nick Heidfeld (49. Runde) fiel ebenfalls aus und erlebte sein sechstes punktloses Rennen. Für die Silberpfeile lief es nicht viel besser. David Coulthard fuhr in der 50. Runde seinen McLaren-Mercedes wegen technischer Probleme direkt in die Garage.
Michael Schumacher hatte am Vortag in der Qualifikation nur den dritten Startplatz erreicht, während sein Bruder Ralf wie schon vor zwei Wochen in Monaco die Pole-Positions eroberte. McLaren-Pilot Räikkönen startete aus der Boxengasse, weil er in der Qualifikation nach einem Fahrfehler Letzter geworden war. Williams-BMW-Pilot Ralf Schumacher nutzte seinen Startplatz eins und ging als Führender vor seinem Teamkollegen Montoya in die erste Kurve. Der Kolumbianer sorgte Ende der zweiten Runde für die erste Aufregung, als er nach einem Dreher vom zweiten auf den fünften Rang zurückfiel.
Der "kleine Schumi" jagte seinen Bruder vor sich her
Michael Schumacher rückte auf Platz zwei vor und jagte von da an seinen Bruder vor sich her. Der "kleine Schumi" hielt den Angriffen auf dem Stop-and-go-Kurs des Weltmeisters lange Zeit stand - bis zum ersten Stopp. Ralf Schumacher kam Ende der 20. Runde zum ersten Mal an die Box, Michael Schumacher eine Runde später. Als der Ferrari- Pilot wieder auf die Strecke zurückkam, blieb er vor Ralf Schumacher. Zwischenzeitlich führte Renault-Fahrer Fernando Alonso, doch als der Spanier in der 26. Runde an die Box fuhr, übernahm Michael Schumacher wieder die Spitze.
Ein ähnliches Bild in der 47. und 48. Runde: Erst fuhr Ralf Schumacher an die Box. Dann kam Michael zum Auftanken und konnte seinen Vorsprung behaupten. Zwar jagte der "kleine Schumi" permanent den "großen Schumi". Doch eine ernsthafte Chance zum Überholen hatte Ralf Schumacher nicht. Im hinteren Feld arbeitete sich der bisherige WM-Erste Räikkönen auf der zweitschnellsten Grand-Prix-Strecke im Rennkalender bis auf Platz sechs vorn. Für die WM-Führung reichte es aber nicht mehr.
Einen Erfolg abseits der Strecke erzielte der finanziell angeschlagene Minardi-Rennstall. Formel-1-Chef Bernie Ecclestone sicherte mit geschätzten vier Millionen Euro aus seiner Privatschatulle das Überleben des viertältesten Rennstall. Minardi- Chef Paul Stoddart bezeichnete Ecclestone als "privaten Investor".
Elmar Dreher