Bayern im Champions-League-Viertelfinale Ein kleines Geschenk für den Patron

Von Tim Schulze
Die Bayern haben gegen Arsenal London ohne Probleme das Champions-League-Viertelfinale erreicht. Die Causa Hoeneß, der im Stadion mitjubelte, scheint die Mannschaft nicht zu belasten.

Er kam wie immer. Ausgestattet mit einem Bayern-Schal ging es erst in die VIP-Lounge. Dort begrüßte er Freunde und Kollegen, einige sogar mit Umarmungen. Auch mit Bundestrainer Joachim Löw gab es einen Handschlag, bevor er sich neben dem Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz-Rummenigge niederließ, um Fußball zu gucken.

Für Uli Hoeneß war der Champions-League-Abend in der Allianz Arena eine kurze Rückkehr in den Bayern-Präsidenten-Alltag. Er tauschte den harten Stuhl des Gerichtsaals, wo gegen ihn wegen Steuerhinterziehung verhandelt wird, gegen einen Platz auf der Ehrentribüne seines Clubs, der sein Lebenswerk ist.

Dabei wirkte Hoeneß äußerlich recht entspannt. Es war ihm nicht anzusehen, dass am zweiten Prozesstag die Steuersumme, die er hinterzogen haben soll, auf 27,2 Millionen Euro angewachsen war, und eine Gefängnisstrafe durchaus möglich erscheint - für zwei Stunden also business as usual für den Mann, der als exzessiver Steuerbetrüger am Pranger steht.

Zufrieden auf der Tribüne

Auf seine Anwesenheit im Stadion reagierten die Fans nicht. Weder mit Applaus noch mit Pfiffen. Die Bayern-Profis äußerten sich zum Fall Hoeneß verständlicherweise nur zurückhaltend. "Na klar ist das innerhalb der Mannschaft auch Thema", gab Kapitän Philipp Lahm nach 90 Minuten zu. Wie sie über den Fall denken, sagte er nicht. Bei Pep Guardiola klang das so: "Das sind seine Angelegenheiten." Vor dem Spiel hatte Matthias Sammer betont, dass Hoeneß "inhaltlich alleine damit zurechtkommen" müsse. Aber ein bisschen solidarisch zeigte sich Sammer dennoch: "Ein Verein und eine Mannschaft sollten immer daran denken, was Uli für uns geleistet hat." Öffentlich will niemand beim FC Bayern den Stab über Hoeneß brechen. Zumindest noch nicht.

Auf dem Rasen zeigte sich das Team von der Causa Steuerbetrug unbeeindruckt. Es spendete Hoeneß an diesem Abend ein wenig Ablenkung, indem sie das tat, was sie immer tut: erfolgreich sein. Nach dem 2:0-Erfolg im Hinspiel reichte der Mannschaft von Pep Guardiola ein solides, aber auch glanzloses 1:1 gegen Arsenal London, um das Viertelfinale der Champions League zu erreichen. Die schwachen Londoner, bei denen Mesut Özil, Per Mertesacker und Lukas Podolski in der Startelf aufliefen, hatten der Ballbesitz-Dominanz der Bayern nichts entgegenzusetzen. Wer ein wenig mehr Spektakel oder gar auf eine Sensation in Form eines Arsenal-Sieges gehofft hatte, wurde ziemlich enttäuscht. "Das Weiterkommen war nie gefährdet. Das Wie ist morgen egal", sagte Thomas Müller nach Spielende.

Auf der Tribüne verfolgte Hoeneß zufrieden, wie seine Bayern den Gegner in der ersten Halbzeit mit nahezu siebzig Prozent Ballbesitz beherrschten. Sie ließen den Ball laufen, erspielten sich aber kaum echte Torchancen, auch weil es für Ribéry und Robben auf den Außen gegen defensiv stehende Gäste kaum ein Durchkommen gab. Im Gegenzug nahmen Bastian Schweinsteiger und Thiago als Doppelsechs Arsenal jede Luft zum Atmen. "Wir haben es geschafft, unsere Fehler zu minimieren. Wir haben sehr intelligent gespielt", lobte Guardiola.

Wenger zetert gegen Robben

Die Bayern profitierten davon, dass sich Arsenal nach Wiederanpfiff etwas mehr zutraute und entsprechend Räume öffnete. Die meisten Angriffe der Londoner scheiterten aber an der sicheren Bayern-Abwehr oder spätestens an Torwart Manuel Neuer. An der Überlegenheit der Gastgeber änderte das nichts. Özil, der auf dem rechten Flügel spielte, zeigte wieder ein schwaches Spiel und wurde zur Halbzeit ausgewechselt. Allerdings, wie Trainer Arsène Wenger später berichtete, weil er sich im Oberschenkel eine Zerrung zugezogen hatte.

Ein Mal setzte sich Ribery dann doch außen durch und passte den Ball in den Strafraum, wo Schweinsteiger freistehend den Ball ins Tor schob. So langsam kommt der Nationalspieler wieder in Form. Keine zwei Minuten später hämmerte Podolski den Ball aus ganz spitzem Winkel an Neuer vorbei ins Tor.

Dass Podolski vor seinem Treffer Lahm umgestoßen hatte und sogar kurz auf den Schiedsrichterpfiff wartete, der nicht kam, ärgerte niemand mehr. Dass Thomas Müller in der Nachspielzeit mit einem Elfer an Keeper Fabianski scheiterte, war nicht von Bedeutung. Und das Wenger sich nach dem Spiel über Robbens Spielweise beschwerte, weil der Niederländer in beiden Partien jeweils einen Elfmeter herausgeholt hatte und der Arsenal-Coach ihn deswegen zum Schwalbenkönig ernannte, interessierte die Bayern nicht. Die Mannschaft steht jetzt im Viertelfinale der Königsklasse und Hoeneß nimmt wieder im Gerichtssaal Platz.

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