Bundesliga-Kommentar Zurecht gestutzte Fußball-Roboter

Von Klaus Bellstedt
Dem FC Bayern schlug beim Nord-Süd-Klassiker in Hamburg selten so viel Ablehnung entgegen wie am Sonntag. Daran trägt auch Manager Uli Hoeneß eine Mitschuld. Die Konkurrenz freut's.

Es war eigentlich wie immer, wie in den letzten Jahren. Die Bayern spielten beim Nord-Süd-Gipfel kühl bis ans Herz ihren Stiefel herunter. Sie exerzierten ihren gefürchteten alten Stil, nichts zu sehen vom riberyanischen Erlebnisfußball der ersten drei Spieltage. Sie führten unverdient und spulten ihr Programm unspektakulär herunter.

Aber immer noch so souverän, dass keiner der 57.000 Zuschauer nach der 1:0-Führung durch Tor-Phantom Miro Klose auch nur einen Pfifferling auf die tapfer ackernden Hamburger gesetzt hätte. Ausgleich für den HSV? Nein, eher noch das 2:0 für die Fußball-Roboter, mindestens. Aber dann passierte doch noch das Unfassbare, der Fußball-Gott ließ sich in der Nordbankarena blicken: HSV-Schmoll-Stürmer Mohamed Zidan stocherte das Leder drei Minuten vor Schluss an Null-Gegentore-Olli vorbei zum vielumjubelten Endstand.

Die Hälfte der Republik liebt Bayern München, der anderen Hälfte dürfte nach dem 1:1 ein zentnerschwerer Brocken vom Herz gefallen sein. Genauso wie Münchens Gegnern in der Bundesliga. Und mehr noch: Das Resultat sollte ihnen Mut machen. Weil der HSV ihnen vorgemacht hat, wie man gegen das Kunstwerk "FC Bayern 07" bestehen kann. Sicher, Ribery und Co. hatten nicht ihren besten Tag. Aber das lag vor allem an den elf Hamburgern. Wie ein Rudel kriegsbemalter Indianer untermauerten sie mit bedingungslosem Einsatz und angriffslustigem Spiel die Worte, die ihr Trainer im Vorfeld gefunden hatte.

Wissenschaftlich erwiesene Wechselwirkung

Die Bayern haben am Sonntagabend einen Teil ihres Schreckens verloren, sie sind schlagbar. Indirekt trägt daran vielleicht auch ihr Manager eine Mitschuld. Uli Hoeneß hatte gemeinsam mit Trainer Hitzfeld die unnötige Artenschutz-Debatte vom Zaun gebrochen - mit der er der Mannschaft in Hamburg einen Bärendienst erwiesen hat. Hoeneß' Forderung, die Schiedsrichter müssten auf üble Tritte reagieren und "zur Not auch mal sieben, acht Mann von einer Mannschaft vom Platz stellen", kam beim Publikum erwartungsgemäß eher mittelprächtig an.

Und so schlug den vermeintlichen Über-Bayern auf den Rängen eine Hass-Atmosphäre entgegen, die junge Spieler wie Lell, Lahm oder Altintop vermutlich so noch nie erlebt hatten - und sie beeindrucken musste. Wenn dann noch ein Unparteiischer im Zweifel eher für Rot entscheidet, wie Sonntag Schiedsrichter Meyer, dann dürften die Auswärtsspiele für den deutschen Rekordmeister in Zukunft noch einen Tick ungemütlicher werden, als sie es ohnehin schon sind. Uli Hoeneß mag das nicht groß interessieren, aber auf Dauer könnte die wissenschaftlich erwiesene Wechselwirkung zwischen Tribüne und Spielfeld für die Bayern ein Problem werden. Aber das haben sie sich dann selbst zuzuschreiben.

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