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Prozess um Bombenattentat Tuchel: Ohne Anschlag wäre ich noch BVB-Trainer

Thomas Tuchel BVB
Thomas Tuchel verlässt nach seiner Aussage den Gerichstssaal
© Bernd Thissen/DPA
Thomas Tuchel hat im Prozess zum Anschlag auf den BVB-Teambus erklärt, dass das Attentat  Ereignis zu einem "großen Dissens" zwischen ihm und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke geführt hätte.

Fußballtrainer Thomas Tuchel (44) macht den Bombenanschlag auf die Mannschaft von Borussia Dortmund mitverantwortlich für seinen Weggang vom Bundesligisten im Sommer 2017. Im Dortmunder BVB-Prozess sagte Tuchel am Montag als Zeuge aus, es habe nach dem Attentat große Uneinigkeit zwischen ihm und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke geherrscht. "Der größte Dissens war wahrscheinlich, dass ich im Bus saß und er nicht." Daraus habe sich ein komplett unterschiedlicher Umgang mit dem Vorfall ergeben. Auf die Frage, ob er glaube, ohne den Anschlag heute noch Trainer des BVB zu sein, antwortete Tuchel: "Ja, davon würde ich ausgehen."

Vor dem Ex-Trainer hatten auch mehrere Spieler von Borussia Dortmund in ihren Zeugenaussagen den Umgang mit dem Schockerlebnis kritisiert. Vor allem die Tatsache, dass das Champions-League-Spiel gegen AS Monaco bereits am nächsten Abend nachgeholt wurde, bewerten einige Beteiligte heute als falsch. 

Weidenfeller hat sich psychologische Hilfe geholt

Prozessbeginn Anschlag BVB_7.40"Ich glaube, wir haben alle einen großen Fehler gemacht", sagte der inzwischen nach Leverkusen gewechselte Sven Bender. Die Mannschaft hätte schließlich durchaus das Recht gehabt, nicht anzutreten. Auch BVB-Mannschaftskapitän Marcel Schmelzer erinnert sich nur ungern an das Nachholspiel. "In dieser Nacht hatte keiner geschlafen. Keiner hat auch nur einen Gedanken an dieses Spiel verschwendet", sagte der Zeuge.

BVB-Ersatztorwart Roman Weidenfeller räumte sogar offen ein, bis heute psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. "Der Vorfall hat mein Leben verändert", sagte Weiderfeller. Und: "Die Aufarbeitung ist noch nicht abgeschlossen." 

Auch Weidenfeller hält es für einen Fehler, dass der BVB damals sofort wieder auf den Platz musste, um in der Champions League zu spielen. "Aus meiner Sicht ist es immer noch unverständlich, dass man uns nicht einmal einen Moment der Ruhe gegönnt hat", sagte der Ersatztorwart. "Wir sind doch Menschen und keine Maschinen."

Schlafstörungen und Angst bei BVB-Profis

Fast alle am Montag vom Gericht gehörten Zeugen gaben an, nach dem Anschlag unter Schlafstörungen und Angstzuständen gelitten zu haben. "Ich glaube, dass mein Körper erst langsam wieder zur Ruhe findet", sagte Roman Weidenfeller. Und Marcel Schmelzer räumte ein: "Wenn heute irgendwo in einem Raum ein Teller runterfällt, zucke ich sofort zusammen und der Puls geht hoch." Der Kapitän sagte den Richtern, er versuche, "das so gut wie möglich wegzudrücken".

Der Angeklagte Sergej W. sagte während des gesamten Verhandlungstages nicht ein einziges Wort. Er verzichtete auch darauf, sich persönlich bei den Betroffenen zu entschuldigen. 

Thomas Tuchel

Der 28-Jährige, der in Russland geboren wurde und einen deutschen Pass besitzt, hat bereits zugegeben, den Bombenanschlag bei der Abfahrt des BVB am Mannschaftshotel verübt zu haben, um mit einer Wette auf einen fallenden Kurs der BVB-Aktie reich zu werden. W. beharrt jedoch darauf, die Sprengsätze bewusst so gebaut zu haben, dass "niemand getötet oder ensthaft verletzt" werde.

Tatsächlich erlitt im Inneren des Mannschaftsbusses der damalige BVB-Verteidiger Marc Bartra einen offenen Bruch des Unterarms. Ein Motorradpolizist wurde mit einem Knalltrauma ins Krankenhaus eingeliefert.

tis DPA

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