"Ab Freitag werden alle Spiele beim ersten Feuerwerkskörper auf dem Rasen abgebrochen und mit 3:0 gegen die Heimmannschaft gewertet", kündigte Verbandspräsident Franco Carraro an. Liga-Vizepräsident Maurizio Zamparini kritisierte dies als "unsinnigen" Schnellschuss, weil Spielabbrüche so von gegnerischen Fans noch leichter provoziert werden könnten, und rief die Politik um Hilfe. "Mittlerweile müssen wir noch Schlimmeres befürchten. Wir sind zu drastischen Maßnahmen bereit", erklärte Ministerpräsident Silvio Berlusconi, gleichzeitig Besitzer des AC Mailand.
Nach Meinung von Uefa-Schiedsrichter Markus Merk haben bestimmte Fans die Krawalle vorsätzlich inszeniert. "Da ging es darum, das Spiel ganz gezielt abzubrechen", sagte Merk der "Stuttgarter Zeitung". Dass er die Partie überhaupt noch einmal anpfiff, bezeichnete der Kaiserslauterer als "schwierige Entscheidung. So aber habe ich die Chance gegeben, die Lage wieder in den Griff zu bekommen." Seinen Bericht über das Spiel habe er noch in der Nacht angefertigt. "Ansonsten ist das ein schwebendes Verfahren, zu dem ich nichts sagen darf."
"Inter fürchtet ein Jahr Sperre"
Nach der "Schande von San Siro" entschuldigte sich Inter unentwegt, während es mit größten Befürchtungen auf das Urteil der Disziplinarkommission der Uefa am Freitagnachmittag in Nyon wartete. "In den letzten Jahren sind schreckliche Dinge passiert, aber das war das Schlimmste", machte Uefa-Sprecher William Gaillard klar, dass Inter mit einer harten Strafe zu rechnen hat. "Inter fürchtet ein Jahr Sperre", berichtete die "La Repubblica".
Merk erhielt unterdessen Lob für seine Schiedsrichterleistung. "Er hat einwandfrei gepfiffen", sagte Gaillard. Auch Inter-Trainer Roberto Mancini stellte klar, dass er "Merk keinesfalls die Schuld für die Ausschreitungen geben wollte". Er sei im Eifer des Gefechts nach dem Spielabbruch missverstanden worden. Als Merk den Ausgleichtreffer durch Esteban Cambiasso wegen eines Foulspiels in der 71. Minute nicht anerkannte, prasselte innerhalb von Sekunden ein Bombardement aus Feuerwerkskörpern und Flaschen auf den Milan-Strafraum nieder. Torwart Dida brach, von einer Rakete an der Schulter getroffen, zusammen. Merk unterbrach die Partie daraufhin für rund 15 Minuten. Wenige Sekunden nach Wiederanpfiff musste der 43-Jährige das Derby in der 74. Minute dann abbrechen.
Entschuldigung am Telefon
"Das war ein geplanter terroristischer Akt gegen den Fußball", sagte Deutschlands Fifa-Schiedsrichter Herbert Fandel der "La Gazzetta dello Sport". Auch Mailands Polizeipräfekt Bruno Ferrante geht von einer im Vorfeld geplanten Aktion gewaltbereiter Inter-Fans aus. Als das sportliche Scheitern nach der 0:2-Niederlage im Hinspiel und dem 0:1-Rückstand im Rückspiel absehbar war, habe sich die Wut der frustrierten Inter-Fans gegen den eigenen Club und dessen Besitzer Massimo Moratti gerichtet. Inter-Fan-Clubs bestritten diesen Vorwurf: "Wir entschuldigen uns offiziell bei Dida, wir wollten ihn nicht treffen", erklärte der Fanclub-Chef Franco Carravita.
Auch Inter-Besitzer Moratti entschuldigte sich in einem Telefongespräch bei Milans Torwart. Während Inter auf die Ermittlungsergebnisse der Polizei wartet, die bereits vier Randalierer festgenommen hat, blieben von Milans Seite jegliche Vorwürfe aus. Ganz im Gegenteil: "Schließt jetzt nicht die Stadien", forderte der verletzte Dida. "Das ist schade für uns alle", betonte auch Milan-Kapitän Paolo Maldini.