Es war ein schwüler Abend in der vielleicht stimmungsvollsten WM-Arena Deutschlands. 80.000 deutsche und 10.000 polnische Fans lieferten sich schon vor dem Anpfiff in Dortmund eine regelrechte Sangesschlacht. Der Boden für ein rassiges WM-Duell zwischen den europäischen Nachbarn war bereitet.
Und beide Mannschaften sollten die Fanlager nicht enttäuschen. Von Anfang an entwickelte sich ein offenes Match. Schnell wurde klar, dass sich die Gäste hier keineswegs verstecken würden. Für sie ging es nach der Auftaktniederlage gegen Ecuador schließlich auch schon um Leben und Tod.
Kurz vor Ende der ersten Halbzeit riss die Klinsmann-Truppe dann das Spiel mehr und mehr an sich. Angetrieben nicht etwa von Rückkehrer Michael Ballack, der im Auftakspiel gegen Coats Rica ja noch passen musste, sondern von seinem Ex-Bayern-Teamkollegen Bastian Schweinsteiger, starten die deutschen Elite-Kicker zu einem regelrechten Schlussspurt. Tore blieben aber Mangelware.
Nach knapp einer Stunde erhöhte Jürgen Klinsmann das Risiko, er nahm den defensiven Außenverteidiger Arne Friedrich vom Platz und brachte Super-Sprinter David Odonkor in die Partie. Ein, wie sich später herausstellen sollte, genialer Schachzug des Bundestrainers. Kaum auf dem Rasen sorgte der jetzige Sevilla-Profi mit seinen Tempovorstößen für die gewünschte Unruhe.
Mit der Einwechslung von Oliver Neuville für den entkräfteten Lukas Podolski setzte Klinsmann kurz danach ein weiteres Zeichen. Die deutsche Nationalmannschaft brannte in den letzten Minuten ein wahres Feuerwerk ab und erspielte sich Ecke um Ecke. Die erlösende und mittlerweile hochverdiente Führung wollte aber immer noch nicht fallen. Es war zum Verzweifeln. Und wurde immer schlimmer: Kurz vor dem Ende flankte der überragende Lahm gefühlvoll in die Mitte, Klose stieg hoch und traf mit dem Hinterkopf nur die Latte.
Als bereits die Mehrheit der Zuschauer am Fußballgott zu verzweifeln begannen, passierte es dann aber doch noch: Ein feiner Heber von Schneider landete auf der rechten Seite bei Odonkor, der mit einer gefühlvollen Flanke Oliver Neuville bediente. In bester Torjägermanier vollendete der aus kurzer Distanz, 1:0 für Deutschland. Das Dortmunder WM-Stadion bebte. Kurz danach war Schluss. Und der Jubel kannte keine Grenzen mehr. Deutschland war im Achtelfinale.
kbe