Der FC Bayern bekommt ein Problem. Alle lachen. Ernsthaft, der FC Bayern bekommt ein Problem. Alle lachen immer noch. So oder so ähnlich muss man sich Szenen an Stammtischen, in U-Bahnen oder auf Sportplätzen dieses Landes vorstellen, wenn die Rede von Bayern München ist. Ein beliebiger Bayern-Fan mahnt, die anderen denken sich: Diese Münchner von Pep Guardiola, die schon wieder unaufhaltsam durch die Saison brausen wie ein Sprinter ICE von Köln nach Frankfurt, die sollen Schwierigkeiten bekommen?
Es klingt angesichts des gigantischen Vorsprungs in der Bundesliga absurd. Aber, auch wenn sie es nur ungern zugeben werden, in München schlottern tatsächlich die Knie. Schließlich kann selbst der schnellste ICE gestoppt werden. Manchmal muss dafür nur ein Baum auf die Schienen fallen. Oder eben ein bosnischer Spieler im Länderspiel auf das Knie von David Alaba.
Es fehlt ein Tempomacher
Die Saison geht in ihre entscheidende Phase. Und jetzt das: Alaba verletzt. Robben verletzt. Ribery nicht bei 100 Prozent. Thiago ohne Spielpraxis. Kroos bei Real Madrid. Na gut, sagen diejenigen, die nicht an eine drohende Bayern-Krise glauben, bleiben immer noch Schweinsteiger, Alonso, Lahm, Götze, Müller und Lewandowski für die Offensive. Doch wer genau hinschaut, der merkt: Keiner dieser sechs Spieler sprintet so schnell wie Robben, Ribery oder Alaba. Dem FC Bayern fehlen im wichtigsten Saison-Abschnitt die Tempomacher.
Der Klassiker gegen Borussia Dortmund wird für Pep Guardiola und sein Team daher ein echter Prüfstein - und das Ergebnis so oder so ein Fingerzeig in Richtung der entscheidenden Duelle im Pokal und der Champions League.
Die Borussia wird sich - wie immer und wie die andere Borussia aus Mönchengladbach auch - aufs Kontern verlegen. Den Gladbachern gelang es zuletzt dank hervorragender Raumaufteilung und großer Defensiv-Disziplin den Münchnern das Tempo aus ihren Angriffen zu nehmen. Gegen Gladbach wurde offensichtlich, dass die Dynamik im Zentrum und auf den Flügeln der wichtigste Baustein für den Bayern-Erfolg ist. Gegen Gladbach fehlten Robben und Ribery, dazu erwischte Alaba einen seiner seltenen schwachen Tage. Gelingt auch der zweiten Borussia eine Überraschung, dürfte in München so mancher nervös werden.
Summe der Ausfälle bedeutet Unsicherheit
Alaba fehlt definitiv mindestens bis Mitte Mai. Für Guardiola ist der Österreicher ein Schlüsselspieler. Er bringt das nötige Tempo ins Mittelfeld, oder in die Abwehr. Er liefert das, was den Routiniers Schweinsteiger oder Alonso abgeht - und ist daher die perfekte Ergänzung. Alaba ist unverzichtbar für Umschaltsituationen, sowohl offensiv als auch defensiv. Oder, wie Guardiola es sagt: "David kann alle Positionen überragend spielen. Er ist sehr, sehr wichtig für unsere Flexibilität, unsere Spielweise".
Natürlich hängt das Glück des FC Bayern nicht an Alaba allein. Doch die Summe der Ausfälle bedeutet Unsicherheit. In der vergangenen Saison verloren die Münchner durch einen Spannungsabfall nach dem frühen Gewinn der Meisterschaft die Konzentration und gingen in der Champions League gegen Real Madrid unter. In dieser Saison müssen sie jetzt erneut um die Saisonziele fürchten. Nicht in der Bundesliga natürlich. Aber im DFB-Pokal in Leverkusen oder in der Champions League gegen Porto.
Diese Spiele könnten spannender werden, als es den Münchner lieb ist. Während die Bayern-Fans nun nörgeln und mahnen, hat der neutrale Zuschauer allerdings allen Grund, über solche Schwierigkeiten weiter zu lachen. So viel Freude über Spannung in Begegnungen mit Bayern-Beteiligung gab es schließlich schon lange nicht mehr.