Der Weltfußballverband Fifa hat seine Spitzenfunktionäre Mohammed bin Hammam und Jack Warner vorläufig suspendiert. Der ebenfalls wegen Korruptionsvorwürfen beschuldigte Fifa-Boss Joseph Blatter wurde dagegen reingewaschen. Somit finden die Präsidentenwahlen wie geplant am kommenden Mittwoch statt. Nach einer achtstündigen Sitzung der Ethikkommission verkündete der stellvertretende Vorsitzende Petrus Damaseb am Sonntag die erwarteten Entscheidungen. Die Wahl auf dem Kongress in Zürich verkommt damit endgültig zur Farce - Blatter könnte als einziger Kandidat per Akklamation gewählt werden.
Hammam meldete sich auf seinem Blog zu Wort. "Ich bin sehr enttäuscht, wie der Stand des Verfahrens auf der Pressekonferenz dargestellt wurde. Ich erwarte, dass dies so weitergehen wird", schrieb er. Das ist nicht das, was ich unter Fairplay verstehe. Ich behalte mir alle Rechte vor." Bin Hammam sagte weiter, dass die Beweise nicht für eine Verurteilung ausgereicht hätten, deshalb hätte er auch nicht verbannt werden können. Er warf in dem Zusammenhang Generalsekretär Jerome Valcke vor, die Ethikkommission beeinflusst zu haben.
Keine Anhaltspunkte gegen Sepp Blatter
Dort hieß es: "Die Ethikkommission kam zu dem Schluss, dass bei Herrn Joseph S. Blatter gemäß Artikel 129 des Fifa-Ethik-Codes nicht davon auszugehen ist, dass es zu einem Vergehen gekommen ist. Deswegen müssen auch keine vorläufigen Maßnahmen ergriffen werden", sagte Damaseb. "Wir können gegen Herrn Blatter nur vorläufige Maßnahmen ergreifen, wenn wir glauben, dass eine Verletzung des Ethik-Codes stattgefunden haben könnte. Dafür lagen keine Anhaltspunkte vor", betonte der Namibier.
Die beiden Exekutivkomitee-Mitglieder bin Hammam und Warner dagegen sollen gegen den Ethikcode verstoßen haben, indem sie beim Treffen der Karibischen Fußball-Union am 10. und 11. Mai versucht haben sollen, für die Wahl bin Hammams zum Fifa-Präsidenten Stimmen zu kaufen. Nach Angaben von Fifa-Generalsekretär Jerome Valcke hat der Verband von Puerto Rico in einer E-Mail bestätigt, "dass wir am 10. und 11. Mai Geschenke und 40.000 Dollar erhalten haben".
Kandidatur zurückgezogen
Der Katarer hatte seine Kandidatur für die Wahl zum Fifa-Chef am Sonntag überraschend zurückgezogen. Blatter war von bin Hammam beschuldigt worden, von dem Korruptionsvorwurf gewusst, ihn aber nicht angezeigt zu haben. "Es gibt keinen Grund, die Wahl zu verschieben", sagte Fifa-Generalsekretär Jerome Valcke. "Die Anschuldigungen gegen Herrn Blatter wurden nicht aufrechterhalten."
Der große Befreiungsschlag und die Image-Rettung der in Trümmern liegenden Fifa ist mit diesem wachsweichen Entscheid fehlgeschlagen. Im größten Skandal in der 107-jährigen Geschichte der Fifa bleiben viele Fragen offen. Wieso glaubt die Kommission Herrn Blatter, dass er nichts von den Zahlungen gewusst haben will? Was ist mit dem von Warner großspurig angekündigten "Fußball-Tsunami"? Längst ist die Glaubwürdigkeit des Weltverbandes unreparierbar erschüttert.
Platini Nutznießer der Schlammschlacht
Franz Beckenbauer nannte die Korruptionsaffäre ein "Desaster für den Fußball", will aber nicht als Retter in der Not auftreten. "Auf gar keinen Fall" stehe er zur Verfügung, sagte der "Kaiser" der BBC. Auch Uefa-Boss Michel Platini erklärte eine sofortige Kandidatur für das höchste Amt im Weltfußball für "ausgeschlossen" - der Franzose ist aber bereits jetzt der große Nutznießer dieser Schlammschlacht.
"Ich werde meine persönlichen Ambitionen nicht vor die Würde und Integrität der Fifa stellen. Ich kann nicht zulassen, dass der Name, den ich geliebt habe, mehr und mehr in den Schmutz gezogen wird wegen des Wettbewerbs zwischen zwei Einzelpersonen", schrieb bin Hammam auf seiner Internetseite, "das Spiel und die Menschen, die es lieben auf der ganzen Welt, müssen an erster Stelle kommen. Deshalb gebe ich den Rückzug von der Präsidentschaftswahl bekannt." Tatsächlich soll ihn die Königsfamilie in Katar, die die WM 2022 im eigenen Land nicht gefährdet sehen will, zu diesem Schritt gedrängt haben.
40.000 Dollar Bargeld als "Geschenk"
Zuvor hatten neue Enthüllungen in englischen Medien bin Hammam und Fifa-Vize Jack Warner schwer belastet. Nach einem Bericht des "Telegraph" soll das Duo 25 Fifa-Funktionären aus der Karibik insgesamt eine Million Dollar angeboten haben zur Unterstützung bin Hammams. Nach der Wahlkampfrede bin Hammams am 10. Mai in Port of Spain soll Warner die Delegierten einzeln in einen Konferenzraum des Hotels gebeten haben. Laut "Telegraph" soll dann jedem der 25 Funktionäre 40.000 Dollar Bargeld als "Geschenk" angeboten worden sein, verbunden mit der Bitte, "niemandem davon zu erzählen".