Franz Beckenbauer ist zur zentralen Figur des Skandals rund um die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 geworden. Der 70-jährige unterschrieb laut Deutschem Fußball-Bund vier Tage vor der WM-Vergabe eine Vereinbarung mit dem inzwischen lebenslang gesperrten Funktionär Jack Warner aus Trinidad und Tobago. Dem Verband des damals stimmberechtigten Fifa-Exekutivmitglieds seien Leistungen von deutscher Seite zugesagt worden. Beckenbauer könnte zur Aufklärung wichtiger Fragen in dem Fall beitragen, doch eine öffentliche Stellungnahme verweigert er. Lediglich erneute Aussagen vor den externen DFB-Ermittlern hat der frühere Präsident des Bewerbungs- und Organisationskomitees für die WM avisiert. Mit seinem Schweigen handelt sich Beckenbauer vor allem in den Medien viel Kritik ein. Doch es gibt auch zahlreiche prominente Wegbegleiter, die ihm beispringen.
"Die Welt"
"Als Chef des Bewerbungs- und später des Organisationskomitees geschah nichts, was nicht sein royales Okay bekam", schreibt die Zeitung über Beckenbauer. "Das bedeutet: Wurde tatsächlich geschmiert vor der WM, dann mit seinem Wissen." Der DFB müsse nun zeigen, dass er seine hohen Maßstäbe auch auf sich selbst anwendet. "Sogar, wenn nötig, auf seine größte Lichtgestalt."
"Der Tagesspiegel"
"Wo ist eigentlich Franz Beckenbauer?", fragt die Zeitung. "Der Mann, der im Märchensommer 2006 zugleich in München, Berlin und Hamburg zu sein schien, immer unterwegs mit seinem Helikopter, damit er wirklich nichts und niemanden verpasst und niemand ihn. Jetzt ist er weg. Spurlos verschwunden, seit bald drei Wochen, mutmaßlich hinter den hohen Hecken seines Hauses in Salzburg."
Das Blatt stellt fest, dass keiner es der Lichtgestalt Beckenbauer "übel nahm, dass sie sich als Imagebotschafter für die WM in Putins Russland verkauft oder die Arbeitsbedingungen in Katar preist" und vergleicht den Kaiser mit Helmut Schmidt: "So wie das politisch korrekte Deutschland des dritten Jahrtausends gnädig darüber hinwegging, wenn Helmut Schmidt in Talkshows seine Mentholzigaretten paffte, hat es auch den von Franz Beckenbauer reichlich verzapften Blödsinn als lässliche Sünde akzeptiert. Irgendwann ist aber auch mal gut."
Sky Deutschland
"Franz Beckenbauer ist als langjähriger Sky-Experte ein überaus geschätzter Partner unseres Hauses. Vorverurteilungen, insbesondere im Zusammenhang mit der aktuellen DFB-Affäre, lehnen wir grundsätzlich ab", heißt es vonseiten des Pay-TV-Senders. Gleichzeitig lässt das Unternehmen offen, inwiefern Einsätze von Beckenbauer als Experte anstehen. "Was seine Mitwirkung auf dem Sender anbelangt, stehen wir in engem Austausch mit seinem Management und beobachten außerdem aufmerksam die weitere Entwicklung." Beckenbauer tritt bei Sky unter anderem im Rahmen der Übertragungen von Champions-League-Partien auf.
Clemens Tönnies
"Franz Beckenbauer ist für mich die Lichtgestalt des deutschen Fußballs", sagt der Aufsichtsratschef des FC Schalke der "Bild". "Ich glaube, dass er nun seinen Teil zur Aufklärung der im Raum stehenden Fragen leisten wird."
Hans-Joachim Watzke
"Franz wollte die Weltmeisterschaft unter allen Umständen nach Deutschland holen", meint der Geschäftsführer von Borussia Dortmund. "Nicht für sich, sondern für die Deutschen."
Rudi Völler
Der Sportdirektor von Bayer Leverkusen fordert, trotz aller Vorwürfe die Leistungen von Franz Beckenbauer anzuerkennen. "Bei aller Aufklärungsarbeit sollte niemand vergessen, was Franz Beckenbauer für den deutschen Fußball getan hat", wird Völler von der "Bild"-Zeitung zitiert.
Deutscher Fußball-Bund
Die Führung des DFB erwartet umgehend Aufklärung von Beckenbauer. "Man musste bislang den Eindruck gewinnen, dass er hätte mehr sagen können, als er getan hat", zitiert die "Rheinische Post" am Mittwoch DFB-Vizepräsident Peter Frymuth. Ligapräsident Reinhard Rauball und Rainer Koch, die sich vorübergehend den DFB-Chefposten teilen, erhöhen bereits am Tag zuvor den Druck auf Beckenbauer: Es sei "höchste Zeit", dass dieser Stellung beziehe, so Koch.
Karl-Heinz-Rummenigge
Der Vorstandschef des FC Bayern kritisert den Umgang des DFB mit Beckenbauer: "Wenn ein Freund in schwierigen Zeiten steht, muss man ihm zur Seite stehen", mahnt Rummenigge. "Ich verstehe, dass der DFB größtes Interesse haben muss, dass die ganze Angelegenheit aufgeklärt werden muss. Aber ich würde mir einen etwas sensibleren Umgang mit der Person Franz Beckenbauer wünschen, weil ich glaube, dass auch der DFB durchaus der Person viel zu verdanken hat."
"Augsburger Allgemeine"
"Beckenbauer und Teile seines Organisationsteams haben Deutschland in den Kreis jener korrupten Republiken befördert, auf die wir Deutsche gerne mit dem Finger zeigen", kritisert die Zeitung. "Beckenbauer selbst ist dafür nicht zur Verantwortung zu ziehen. Er ist ohne Amt. Sollte der Vorgang justiziabel sein, wäre er verjährt. Von jener unantastbaren Lichtgestalt, die der 70-Jährige als bewundernswerter Spieler, erfolgreicher Trainer und strahlender Präsident des FC Bayern war, wird am Ende der DFB-Affäre nicht mehr viel übrig bleiben."
"tz"
Der derzeitige Wirbel möge Beckenbauer befremden, schreibt das Münchner Boulevardblatt. "Nonchalant könnte er sagen: Was wollt’s denn?, so läuft das eben. Doch nonchalant rausreden gehe nicht mehr." Beckenbauer habe schon immer eine "Halb-so-wild-Mentalität" gehabt, "nachzuvollziehen anhand vieler Äußerungen - sei es über die Arbeitssklaven im umstrittenen WM-Gastgeberland Katar, die er nie gesehen haben wollte und die es deshalb seiner Logik nach nicht gab". Er habe Urteile gefällt, "die launig und lustig klangen, die aber auch verletzend oder einfach falsch waren und den Gedanken aufkommen ließen: Weiß der Franz eigentlich, was er da sagt?"
"Focus"-Online
"Klar ist, dass Franz Beckenbauer ein absolut wichtiger Baustein in diesem Geflecht aus Korruption, Kumpelei und Macht ist. Und er weiß viel mehr, als er bisher zugeben will", stellt das Magazin fest. Zur Aufklärung beizutragen sei daher nun Beckenbauers oberste Pflicht. "Doch es ist auch eine Chance für Beckenbauer, dem deutschen Fußball noch einen letzten großen Dienst zu erweisen. Nämlich Licht ins Dunkel der größten Krise des DFB zu bringen."