WM-Affäre Rummenigge und sein Problem mit der Aufklärung

Die Vertreter der Profi-Vereine mischen sich in die Affäre um die Vergabe der Fußball-WM 2006 ein. Sie haben offenbar Probleme mit der Aufklärung des DFB-Skandals – und mit den Konsequenzen.

Die vierte Woche des DFB-Skandals, und sie gebiert weitere interessante Statements. Führende Köpfe des deutschen Profifußballs wollen offenbar nun die Debatte führen, ob man eigentlich aufklären sollte, was rund um die WM-Bewerbung vorgefallen ist.

Den Anfang hatte Dietmar Hopp gemacht, Gesicht und Besitzer von 1899 Hoffenheim. Seine Einschätzung in Zeiten von Razzien und Schwarzer Kassen: "Ich finde es jammer-, jammerschade, dass das jetzt an die Öffentlichkeit gebracht wurde. ... Egal, was dahinter steckt. Wahrscheinlich ist es ohnehin verjährt." Aufklärer aller Länder, zieht ab, zumindest wenn es um das deutsche Sommermärchen geht – so lautete die Botschaft des Milliardärs.

Völler spricht vom "Bauernopfer" – aber für wen bloß?

Nun äußert sich Rudi Völler, ein erfolgreicher Fußballspieler, Fußballtrainer, Fußballmanager, beliebt bis heute und angestellt beim Konzernklub Bayer 04 Leverkusen. Völler findet mit Blick auf den Rücktritt des DFB-Präsidenten: "Für mich ist Wolfgang Niersbach ein Bauernopfer. Ich hatte Sonntag mit ihm noch telefoniert und hatte den Eindruck, dass er sehr kämpferisch war."

Völler und Niersbach sind alte Kumpels, geschenkt, aber warum sollte Niersbach nach Wochen der Unwahrheiten und des Wegduckens ein Bauernopfer sein? Niersbach behauptet bis heute, er habe nichts gewusst von jener Millionenzahlung der Deutschen ins Reich der Fifa. Ein Dokument aber zeigt in diesem Zusammenhang seine Handschrift. Ist das kein Grund für den Rücktritt eines DFB-Chefs?

Unsensibel, tadelt Rummenigge – und zeigt sein Verständnis von Recht

Auch wird nicht recht klar bei Völlers Statement, für wen Niersbach sich geopfert haben sollte. Der 64-Jährige war ja Deutschlands ranghöchster Fußballfunktionär. All die anderen, die im Zusammenhang mit dem Skandal stehen, besetzen keinerlei Ämter, von denen sie zurücktreten könnten.

Die jüngste Meldung produzierte heute Karl-Heinz Rummenigge, Chef des FC Bayern München. Rummenigge hat schon Niersbach verteidigt, nun geht es ihm um Franz Beckenbauer. Ein neu aufgetauchtes Dokument legt den Verdacht nahe, dass Beckenbauer an einem Bestechungsversuch kurz vor der WM-Vergabe beteiligt war. Der DFB will den Sachverhalt aufklären und sendete in Richtung Beckenbauer, dass dieser sich doch bitte erklären möge.

Karl-Heinz Rummenigge sendet daraufhin in Richtung DFB, dass ihm das so nicht gar nicht gefällt. "Wenn ein Freund in schwierigen Zeiten steht, muss man ihm zur Seite stehen. Ich verstehe, dass der DFB größtes Interesse haben muss, dass die ganze Angelegenheit aufgeklärt werden muss. Aber ich würde mir einen etwas sensibleren Umgang mit der Person Franz Beckenbauer wünschen", sagte Rummenigge in München.
Wie sensibel, fragt man sich nun, würde Rummenigge denn aufklären? Und was ist daran unsensibel, Beckenbauer zu bitten, sich den Fragen einer Anwaltskanzlei zu stellen, ein zweites Mal übrigens, beim ersten Treffen ließ Beckenbauer seine Unterschrift auf jenem eindeutigen Dokument offenbar gänzlich unerwähnt.

In dieser entscheidenden Phase der Durchleuchtung all der alten Machenschaften führt Karl-Heinz Rummenigge einen Kaiser-Bonus ins Feld. Er merkte nämlich an, so zitiert ihn die Deutsche Presse-Agentur, man müsse bei einer Bewertung des Bayern-Ehrenpräsidenten auch an die "diversen Weltmeisterschaften denken, die man wegen Franz Beckenbauer gewonnen hat und die man wegen ihm austragen durfte".

Angst um die alten Seilschaften?

Rechtsverständnis copyright by Karl-Heinz Rummenigge – der Bayern-Boss äußert sich deutlich. Seine Botschaft: Einer, der uns die WM geholt hat, mit welchen unerlaubten Mitteln auch immer, und einer, der uns als Trainer und Spieler eine WM mit gewonnen hat – so einer darf doch nicht mit Fragen behelligt werden, die an seinem Renommee kratzen könnten. Man mag Äußerungen dieser Art belächeln, man mag souverän darüber hinweg sehen. Doch sie zeigen, wie der deutsche Profifußball immer noch tickt.

Vielleicht sind Kommentare wie diese auch ein Zucken in Zeiten, in denen alte Seilschaften an Wert verlieren. Es sei wichtig aufzuhören "mit dieser Kumpelei", sagte gestern einer, der auch für die DFB tätig, der jedoch kein Freund von Rudi Völler ist. Dinge an der Bar abzumachen, per Handschlag, "das geht eben heute nicht mehr".

Der Mann klang nach nächster Generation. Sein Name ist Oliver Bierhoff.

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