Spontan feierten die Bayern ihren »Last-Minute-Dusel« schon wie den Gewinn der Meisterschaft. Doch die überschäumenden Jubelszenen direkt nach dem Abpfiff blieben eine Momentaufnahme. Noch ist der dritte Titel-Hattrick des FC Bayern nach 1972-1974 und 1985-1987 nicht perfekt. »Wir hoffen, dass unser Unterhaching nicht der Hamburger SV wird«, erinnerte Verteidiger Thomas Linke an die letzte Saison, als Bayer Leverkusen am letzten Spieltag ebenfalls nur noch einen Punkt zum Titelgewinn benötigte und dann in Unterhaching sensationell mit 0:2 verlor. Doch Ottmar Hitzfeld wiegelte selbstbewusst ab: »Leverkusen kann man mit uns nicht vergleichen. Wir sind der FC Bayern«, betonte der Bayern-Trainer.
Schmerzgrenze
Mit drei Punkten Vorsprung auf Schalke 04 gehen die Bayern in die letzte Partie beim HSV. »Letztes Jahr hatten wir einen verrückten letzten Spieltag, dieses Mal einen verrückten vorletzten«, jubelte Alexander Zickler, der als »Joker« 70 Sekunden nach seiner Einwechslung den Bayern-Dampfer wieder auf Erfolgskurs brachte: »Jetzt müssen wir auch in Hamburg noch mal über die Schmerzgrenze gehen.«
Sieben Sekunden vor Zickler hatte Krassimir Balakow in Stuttgart mit dem 1:0 gegen Schalke für die erhoffte Schützenhilfe gesorgt. Uli Hoeneß glaubte gar an eine höhere Instanz: »Der Liebe Gott hat uns belohnt«, meinte der Bayern-Manager, vergaß aber auch den Titelrivalen nicht: »Wenn wir es nicht schaffen, bin ich der erste, der Schalke gratuliert.«
Glücksbringer
Vor dem erfolgreichen Ausgang mussten die Glücksbringer der Bayern Sonderschichten einlegen. »Auch wenn jetzt alle wieder von den Dusel-Bayern reden werden, uns ist das völlig egal«, merkte Carsten Jancker an, der nach dem frühen Kopfballtor von Vratislav Lokvenc mit dem 1:1 die Wende eingeleitet hatte. »Wir haben in den letzten 20 Minuten so einen Druck entwickelt, da ist der Sieg absolut verdient«, sagte der agile, aber meist glücklose Angreifer. Doch erst die späte Hereinnahme von Zickler machte aus Hitzfeld ein »Glückskind« (Hoeneß). Denn der Trainer hatte einmal mehr hoch gepokert und Torjäger Giovane Elber bis zur 67. Minute geschont.
»Wir sind reifer geworden«
Zickler erlöste die Bayern, doch die Prioritäten haben sich nicht verschoben. »Wir haben ein großes Ziel, das ist die Champions League. Aber wir wollen die Meisterschaft nicht vergessen«, sagte »Zico«. Im Saison-Endspurt zeichnet die Bayern auch in der Bundesliga aus, was sie in der »Königsklasse« perfektioniert haben. »Wir sind reifer geworden. Statt alleine zu arbeiten, arbeiten wir zusammen«, benannte schwedische Abwehrchef Patrik Andersson das Erfolgsrezept.
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