Betrug und Bestechung sind dem wiedergewählten Fifa-Präsidenten Joseph Blatter nicht nachzuweisen, folglich machen sich die Journalisten über die Esoterik des "Sonnengöttli" (Financial Times) lustig. Peter B. Birrer (Neue Zürcher Zeitung) hält der Einstimmigkeit, mit der Blatter wiedergewählt worden ist, das Votum der Fans entgegen: "Unter sich lässt es sich derzeit in Eintracht leben. Doch seit der WM in Deutschland ist es keine Vermutung mehr, dass der Weltfußballverband und dessen Präsident außerhalb ihres Zirkels um Sympathien kämpfen. Zumindest in der 1. Welt besteht ein Image-Schaden, was schrille Pfiffe gegen Blatter in den WM-Stadien verdeutlichten. Um Blatter und die Fifa ranken sich Geschichten der Macht- und Männerspiele, der Korruption, des Geldes, der Entwicklungshilfe, der Kumpanei, der Winkelzüge, des Verrats, des Vertragsbruchs."
Quelle
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Robert Ide (Tagesspiegel) ergänzt sarkastisch: "Blatter ist der richtige Mann am richtigen Ort. Ein Mann mit brutalem Willen zur Macht, ein Mann mit gnadenlosem Sinn fürs Geschäft, ja, auch ein Mann mit dem Blick fürs globale Ganze. Wer kann die Fifa, die Millionen verdient und wie eine Weltfirma residiert, aber kostengünstig als kleiner Verein eingetragen ist, also besser repräsentieren als Blatter? Bei aller berechtigten und immer wieder nötigen Kritik am halbseidenen Gebaren des Fußball-Weltverbandes muss man feststellen: eigentlich keiner. Ohne Blatter wäre die Fifa ärmer. An Einfluss. An Geld. An Skandalen."
Blatter darf globalen Sehnsüchte artikulieren
Roland Zorn (FAZ) versucht, Blatters große Töne zu deuten: "Die Krönungsmesse für Blatter gab dem jahrelang vor allem ob seines Trickreichtums und seiner Hemdsärmeligkeit gerühmten oder gefürchteten Dynamiker mit dem rundlichen Profil des Lebens- und Machtgenießers endlich die Gelegenheit, die Niederungen auch des höchsten Funktionärsdaseins zu verlassen. Der gegen Widerstand und Opponenten mit harten Bandagen kämpfende Blatter, der davon träumen soll, eines Tages mit dem Friedensnobelpreis dekoriert zu werden, durfte endlich die Boxhandschuhe abstreifen und seine globalen Sehnsüchte artikulieren."
Fifa als Weltverbesserer
Auch Jens Weinreich (Berliner Zeitung) befasst sich mit Blatters Rhetorik: "Bisher hat die Fifa zu den Themen Korruption oder dem Einfluss von Finanzinvestoren keine überzeugenden Antworten gegeben. Da bleibt zu vieles vage, zu wenige Informationen sind nachprüfbar. Doch die Fifa-Karawane zieht längst weiter. Man hat sich einen neuen Slogan ('For the Game. For the World') gegeben und gibt nun ganz offiziell den Weltverbesserer. Man darf das ruhig Größenwahn nennen. Nüchternheit wird nicht mehr dominieren in der Fifa, so lange Joseph Blatter den Ton angibt." Ralf Köttker (Welt) resigniert in Anbetracht der Konkurrenzlosigkeit Blatters: "Die Fußball-Welt hatte keine Wahl."
Bertie Vogts ist desillusioniert
Daniel Theweleit (Frankfurter Rundschau) berichtet von der Desillusionierung Berti Vogts' in Nigeria: "Als er sich im Januar entschloss, für die Afrikaner zu arbeiten, ahnte er zwar, dass er mit ziemlich widrigen Umständen zu kämpfen haben werde, dass es jedoch derart anstrengend wird, überrascht ihn doch. Vogts ist längst desillusioniert. Vogts wollte so viel machen in Nigeria, der nationalen Liga neuen Schwung geben, eine moderne Nachwuchsarbeit installieren, die Infrastruktur verbessern, doch solche Visionen sind schlicht nicht zu realisieren für einen kleinen Fußballexperten aus Korschenbroich. 'Ständig spielen politische Argumente eine Rolle', klagt er, seine Helfer Uli Stein und Thomas Häßler warten immer noch auf ihre Gehälter und der Verband reagiert träge und bürokratisch auf die Vorschläge aus dem Trainerstab. (...) Es ist die typische afrikanische Geschichte, die Vogts erlebt, alles geht langsamer, zäher und weniger genau als gewohnt. Vor jedem Entschluss müssen komplizierte Geldverteilungskämpfe und Interessenabwägungen bewältigt werden."
Magath als Luxusversion des Fußball-Lehrers
Auch ein ladenhütender Überflieger? Gerd Schneider (FAZ) vergleicht das Engagement Felix Magaths in Wolfsburg bissig, witzig und sehr naheliegend: "Seit Mittwoch hat auch der vom VW-Konzern gespeiste VfL Wolfsburg einen Phaeton: Felix Magath. Der frühere Nationalspieler gilt neben Ottmar Hitzfeld momentan als renommiertester und wohl auch teuerster deutscher Klubtrainer, eine echte Luxusversion von einem Fußball-Lehrer. Daran hat auch nichts geändert, dass Magaths Himmelssturm dieses Jahr ziemlich abrupt zu Ende ging - er flog nach zwei Meisterschaften und zwei Pokalsiegen bei den Bayern hinaus. Seitdem saß Magath zu Hause und wartete darauf, dass ihn ein großer europäischer Klub ruft. Doch offenbar waren die Spuren, die er als Bayern-Lenker hinterließ, am europäischen Fußballfirmament kaum sichtbar. Das Telefon blieb stumm. (...) Vom Meister zum Beinahe-Absteiger, das sieht nicht nach beruflichem Aufstieg aus."