Nach intensiver Bedenkzeit hat Rudi Völler dem DFB das heißersehnte Jawort gegeben. Er wird die Nationalmannschaft als Teamchef bis zur WM 2006 im eigenen Land führen.
Zu jung für den Schreibtischjob
Der Sympathieträger des deutschen Fußball und der Liebling der Fans wird nach der WM 2002 in Südkorea und Japan nicht als Sportdirektor zu Bayer 04 Leverkusen zurück kehren, sondern wechselt bereits am 1. Januar 2002 endgültig ganz zum DFB.
Völler zog »nach reiflicher Überlegung« ganz bewusst den bewegteren Job als DFB-Teamchef vor. »Ich bin noch zu jung, um auf dem Managerposten fest zu hocken«, erklärte der nach Wochen der Anspannung endlich wieder richtig gelöst wirkende Völler: »Ich hatte nicht erwartet, dass es so zügig geht«, sagte er.
Dank an Bayer
Beim ebenfalls strahlenden DFB-Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder löste das gewonnene Tauziehen um Völler ein »riesiges Glücksgefühl« aus. Er vergaß aber auch den Verlierer nicht: »Wir müssen Dank sagen an Bayer Leverkusen für die Offenheit und das Entgegenkommen«, sagte der DFB-Chef.
Denn der Bundesliga-Spitzenreiter löst den noch bis zum 30. Juni 2003 laufenden Vertrag Völlers als Sportdirektor zum 31. Dezember auf. »Ich mache kein Hehl daraus, dass ich Völler lieber als Sportdirektor in Leverkusen nach der WM 2002 wieder gesehen hätte«, kommentierte Bayer-Manager Reiner Calmund spürbar zerknirscht.
Jubel bei den Clubs
Die anderen »Macher« im deutschen Fußball jubelten dagegen. Allen voran die Bosse des FC Bayern München, deren Trainer Ottmar Hitzfeld damit kein Spekulationsobjekt mehr für den Bundestrainer-Posten ist.
»Rudi Völler und die Nationalmannschaft, das passt genauso gut zusammen, wie Bayern München und Ottmar Hitzfeld«, erklärte Franz Beckenbauer. Erst nach Mitternacht wurde die vorzeitige Verlängerung des bis zur WM 2002 laufenden Vertrages zwischen DFB und Völler besiegelt und danach mit Champagner begossen.
Bayer 04 wurde für den »Deal« zunächst mit der Austragung des Länderspiels gegen Österreich am 18. Mai in der Leverkusener BayArena entschädigt.
Rudi ist der Richtige
»Der Rudi ist genau der richtige Mann für diese Aufgabe«, sagte Beckenbauer über den am 2. Juli 2000 nach dem EM-Debakel ursprünglich nur als Interimslösung ins Amt beförderten Völler.
Dem Weltmeister von 1990 soll nun gelingen, woran seine Vorgänger Berti Vogts (trotz EM- Titel 1996) und Erich Ribbeck in den 90er Jahren am Ende sogar kläglich gescheitert sind: In die Fußstapfen des »Kaisers« zu treten und den deutschen Fußball wieder salonfähig zu machen.
Für die Kontinuität
»Ziel ist es, 2006 eine schlagkräftige Mannschaft zu haben, die in der Lage ist, um den Titel mit zu spielen«, meinte Bayern-Vizepräsident Karl-Heinz Rummenigge, der die »langfristige Kontinuität« in der Teamchef-Frage gut hieß, aber zugleich vor zu hohen Erwartungen warnte: »Ein Trainer ist nur so gut, wie die Qualität seiner Mannschaft.«
Nach seinem kometenhaften Aufstieg zum »Rudi nazionale« war Völler nach den schweren Rückschlägen in den WM-Qualifikationsspielen gegen England (1:5) und Finnland (0:0) ins Grübeln gekommen.
Attraktiver Fußball für 2006
Auch nach den erfolgreichen K.o.-Spielen gegen die Ukraine zögerte der 41-Jährige, der seine Entscheidung »nicht aus der Euphorie« heraus treffen wollte.
»Ich habe im Trainergeschäft nicht nur die Sonnenseiten kennen gelernt. Vor allem diese Erfahrung war für mich sehr wichtig«, verriet Völler, der seine Entscheidung schließlich nach dem Motto Ganz-oder-gar-nicht traf.
Gleich bis 2006 setzt er ohne Wenn und Aber auf den Job als Teamchef, nachdem Mayer-Vorfelder eigentlich eine Bindung bis zur EM 2004 mit beidseitiger Option auf 2006 vorgeschwebt war. Doch der einstige Weltklassestürmer Völler will vor allem beim WM-Heimspiel dafür sorgen, »dass auch wieder attraktiver Fußball gespielt wird«.