HSV gegen Werder Herzschlag-Thriller mit einem tragischen Helden

Von Tim Schulze, Hamburg
Es war ein denkwürdiges Pokal-Spiel: In einer dramatischen Partie besiegte Werder Bremen den Hamburger SV im Rückspiel des Uefa-Pokal-Halbfinales mit 3:2 und steht im Finale von Istanbul. Für einen Werder-Spieler hat der Triumph allerdings einen bitteren Beigeschmack.

Der Mann des Abends stand tapfer vor den zahlreichen Mikrofonen und beantwortete geduldig auf Englisch die Fragen der drängelnden Journalisten. Bremens Spielmacher Diego hatte sein Team gerade gegen Hamburger SV in einer dramatischen Partie ins Finale des Uefa-Pokals geführt - der zweite K.o. für die Hamburger im Derby-Marathon zwischen den beiden ewigen Konkurrenten, nachdem Bremen bereits das DFB-Pokal-Halbfinale für sich entschieden hatte.

Es war ein Sieg, der für den besten Bremer Spieler eine ganz besondere Tragik bereithielt. Diego sah seine zweite Gelbe Karte und ist im Finale in Istanbul gegen Schachtjor Donezk zum Zuschauen verdammt - und das gerade in dem Spiel, das zum bedeutendsten seiner Bremer Zeit hätte werden können. Denn am Ende der Saison wird Diego wohl zu Juventus Turin weiterziehen. Und so konnte der 24-Jährige auf die Reporterfragen nur antworten: "Ich bin sehr traurig. Ich habe nichts gemacht."

Diego trug es mit Fassung

Bremens Manager Klaus Allofs wurde da deutlicher: "Ich halte das für einen Skandal, dass er so eine Gelbe Karte zeigt und eine Kollektivstrafe ausspricht", kommentierte er die Entscheidung des belgischen Unparteiischen Frank de Bleeckere. Eine "Alibi-Veranstaltung" nannte Trainer Thomas Schaaf die Aktion des Schiedsrichters. Kurz vor der Halbzeitpause waren Diego und sein Hamburger Schatten Alex Silva nach einem hitzigen Zweikampf aneinandergeraten und hatten sich ein paar deftige Worte gesagt. Beide Streithähne, die privat miteinander befreundet sind, sahen daraufhin Gelb - eine überharte Entscheidung. Diego, der die Bremer vor allem in der ersten Halbzeit mit vielen Aktionen immer wieder nach vorne trieb, trug es mit Fassung, zumindest nach außen.

Hartes Duell

Keine Alibi-Veranstaltung war es aber, was beide Teams an diesem Abend auf dem Rasen zeigten. Es war ein Pokal-Fight der Extraklasse, an dessen Ende die Hamburger mit hängenden Köpfen und niedergeschmettert auf dem Rasen kauerten, während die Bremer Fans ihre Mannschaft lautstark feierten. "Das war Wahnsinn", meinte Klaus Allofs zu diesem Thriller, während HSV-Trainer Martin Jol zugab: "Wir sind sehr enttäuscht". Schließlich waren die Hamburger mit einem 1:0-Sieg im Rücken in die Partie gegangen. Jetzt müssen sie sich auch vom letzten Titeltraum verabschieden.

Papierkugel sorgt für Entscheidung

Nach dem frühen Hamburger Führungstreffer durch Ivica Olic war es Diego, der nach einem präzisen Pass von Claudio Pizarro mit einem eleganten Lupfer über HSV-Keeper Frank Rost für den wichtigen Ausgleich sorgte und Werder im Spiel hielt. Ein kapitaler Schnitzer von Rost Mitte der zweiten Halbzeit, der einen Distanzschuss von Claudio Pizarro passieren ließ, leitete die schmerzhafte Niederlage der Gastgeber ein.

Es passte zu diesem ereignisreichen Abend, dass die Hamburger das Opfer einer bitterbösen Ironie des Schicksals wurden. Es war ein zusammengeknäultes Stück Papier aus einer Fan-Aktion vor dem Spiel, das die Niederlage des HSV besiegelte. Die Kugel, die auf dem Rasen gelandet war, sorgte dafür, dass Hamburgs Verteidiger Gravgaard völlig unbedrängt der Ball versprang und im Toraus landete. Die folgende Ecke von Diego führte zum 3:1, als Frank Baumann nach einem Kopfball von Hugo Almeida die Kugel über die Torlinie drücke. Das war die Vorentscheidung, auch wenn die Hamburger noch einmal den Anschlusstreffer markieren konnten und das Spiel endgültig zum Herzschlag-Thriller für alle Beteiligten wurde - mit einem am Ende verdienten Happy End für Werder Bremen und der Aussicht, auf das Double aus Uefa-Cup und DFB-Pokal. Es wäre das passende Abschiedsgeschenk für Diego.

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