Nach Wechsel zu Galatasaray Poldi scheitert und scheitert - er ist dennoch einer der Größten

Mit nur 30 Jahren landet der ewige Poldi im Fußballrentnerparadies Türkei. Bisher ist er auf Vereinsebene fast überall gescheitert. Trotzdem ist er längst eine lebende Legende des deutschen Fußballs.

Bei seinem Empfang in Istanbul hat Lukas Podolski es mal wieder auf den Punkt gebracht: "Es leben ja auch viele Türken in Köln, wo ich herkomme", deshalb kenne er die Mentalität und werde sich bei Galatasaray sicher wohlfühlen. Ein typischer Poldi-Satz: So logisch, dass man erst einmal darauf kommen muss. Dutzende dieser Weisheiten hat er über die Jahre rausgehauen. Seine Analyse des verlorenen WM-Halbfinals 2006 gegen Italien - "So ist Fußball. Manchmal gewinnt der Bessere" - wurde seinerzeit gar zum "Fußballspruch des Jahres" gekürt.

Es waren andere Zeiten: Hölzerne Jahre mit Anti-Helden wie Wörns, Hamann, Ramelow. In diesem Umfeld war Podolski eine Erscheinung, das Versprechen auf eine bessere Zukunft. Wir alle waren Poldi-Fans der ersten Stunde, ganz Fußball-Deutschland war damals schockverliebt in den Kölner mit der linken Klebe.

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Allein 2005 erzielte er viermal das "Tor des Monats", darunter ein Lupfer gegen Südafrika, ein Strahl gegen Mexiko, ein Alleingang gegen Cottbus - der frühe Podolski war ein ständiger Highlight-Film, ob auf dem Rasen oder im Interview nach Spielschluss.  Ein unberechenbares Unikat, strotzend vor jugendlichem Übermut. Einer dieser Typen, bei denen man sich beim besten Willen nicht vorstellen kann, wie sie wohl in zehn Jahren aussehen werden.

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Zehn Jahre später sieht er noch genau so aus, nur der Babyspeck ist weg. Dabei ist viel passiert: Er wechselte zu früh zu den Bayern, zu jung zurück zum Heimatverein (seinem heißgeliebten 1. FC Köln), später setzte er sich in London und Mailand nicht durch. Streng genommen hat der 30-Jährige keine richtig überzeugende Saison mehr gespielt, seit er 2005 mit 24 Treffern Torschützenkönig der 2. Liga wurde. Nur 2011/12 gelangen ihm noch einmal 18 Tore, was den Kölner Abstieg aber auch nicht verhindern konnte.

Viele halten Lukas Podolski aufgrund dieses Werdegangs für überschätzt. Und tatsächlich wirkt seine Spielweise im Vergleich mit den gut dressierten Nachwuchskickern aus den DFB-Leistungszentren inzwischen reichlich antiquiert. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass der einstige Hoffnungsträger heute in seiner Spielweise so überholt wirkt.

Lukas Podolski - der größte Publikumsliebling seit Rudi Völler

Aber die Bedeutung des größten Publikumslieblings seit Rudi Völler reicht weit über taktisches Verständnis hinaus. Er ist längst eine Legende der Nationalmannschaft. Wie schlecht es im Verein auch lief, für den DFB war Poldi immer parat: 2006 wurde er "Bester junger Spieler" der WM, 2008 und 2010 schoss er die ersten deutschen Turniertore. 2014 spielte er zwar kaum noch, wurde aber Weltmeister - und spielte inmitten der Feierlichkeiten im Finalstadion erst einmal Elfmeterschießen mit seinem kleinen Sohn Louis. Er will eben immer nur spielen, dieser berühmteste Bolzplatzheld der Welt.

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Jogi Löw hat ihn nie vergessen und nominierte ihn bisweilen gegen alle Wahrscheinlichkeiten. Weil der Poldi-Daumen immer oben ist, weil er Optimismus verbreitet. Die Melancholie eines Mario Götze ist der Frohnatur völlig fremd. Wer also behauptet, Podolski habe eine noch erfolgreichere Karriere leichtfertig verspielt, dem sei entgegnet: Seine Verspieltheit hat ihn überhaupt erst so weit gebracht.

Aktuell bis nach Istanbul. Auch hier wird er sich wieder in die Herzen der Anhänger spielen, sie werden sich Hals über Kopf in den Herzenskölner verknallen. So wie wir damals. Im zynischen Milliardengeschäft des Profifußballs steht Lukas Podolski schon heute für die gute, alte Zeit. Deshalb ist er nicht überschätzt, sondern unsterblich. Denn für einen wie ihn werden die Fans den Daumen immer oben haben.

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