Eben noch mit der Nationalmannschaft mittrainiert, jetzt schon wieder auf dem Podium: Oliver Bierhoff, selbstverständlich frisch geduscht, könnte so wie er da sitzt glatt als Spieler durchgehen. Aber er ist kein Spieler mehr. Er ist Manager des DFB. Und er ist ein Mann von Welt. Gut sieht er aus. Wie immer. Alles sitzt perfekt. Nur allzu gern präsentiert die Presseabteilung des größten Fußball-Verbandes der Welt seinen Vordenker den Medien.
Bierhoff ist Profi durch und durch. Keiner kann sich im DFB so gut ausdrücken wie er. Rhetorisch macht ihm sowieso niemand etwas vor. Und wie steht's um die Fremdsprachenkenntnisse? Bitte sehr: Die Frage einer italienischen Fernsehjournalistin übersetzt Bierhoff sich und den leicht neidisch dreinblickenden deutschen Pressevertretern praktisch simultan ins Deutsche, um kurze Zeit später im perfekten Italienisch der Blondine zu antworten. Das gleiche Spiel wenig später, als Bierhoff einem englischen Zeitungsmann in dessen Muttersprache an Englands verloren gegangene Elfmeterdramen gegen Deutschland erinnert.
Bierhoff - der Mann für die wichtigen Dinge
Natürlich meint der DFB-Manager das nicht böse. Erkennen kann man das daran, dass der 40-Jährige am Tag vor dem letzten Länderspiel des Jahres in Berlin gegen die "Three Lions" die totale Charmeoffensive vorexerziert. Früher, als Bierhoff noch Werbung für Bitburger oder Toshiba machte, konnte man dieses breite, strahlende Lächeln immer wieder ja auch im TV bewundern. Aber damit ist schon lange Schluss: "Alle Werbeverträge habe ich für den DFB beendet", sagte Bierhoff vor kurzem im Interview mit stern.de. Beim DFB gibt's für den Manager schließlich Wichtigeres zu erledigen.
Zum Beispiel die Organisation des Besuches der Mannschaft bei der Bundeskanzlerin im Vorfeld des Klassikers gegen England ("Frau Merkel wurden private, aber auch wirtschaftliche Fragen gestellt"), oder auch die Gesprächsleitung bei der wichtigen Prämienregelung auf dem Weg zur WM 2010, die allen Anschein nach so problemlos wie noch nie verabschiedet wurde. Bierhoff ist da sehr genau: "Innerhalb von nicht mal 40 Minuten haben wir gemeinsam mit dem Spielerrat (Ballack, Frings, Lahm, Anm. der Red.) eine Lösung gefunden. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es schon mal so schnell ging." Alles super. Alles paletti. Probleme? Gibt's nicht!
Gleichschaltung als Credo
Bierhoff plaudert auch noch ein bisschen über die Ansprache des Bundestrainers vom Vorabend. Auch da weiß er bestens Bescheid: "Länger als 12 Minuten hat das nicht gedauert. Löw hat den Spielern klar mitgeteilt, wie der Trainerstab tickt. Und er hat ihnen außerdem gesagt, was wir uns in Zukunft von ihnen wünschen."
Ob die Grundsatzrede Wirkung gezeigt hat, will einer wissen. "Die Spieler haben einen einsichtigen Eindruck gemacht." Bierhoff findet das natürlich überragend. So stellt er sich den perfekten Nationalspieler vor. "Er muss ein gewisses Maß an Eigeninitiative fordern, er muss aufmerksam sein, und er muss Lust haben zu lernen." Hätte Bierhoff bei der Nationalmannschaft auch in sportlichen Angelegenheiten das Sagen, unbequeme Charaktere wie Frings und Ballack würden wohl schon länger nicht mehr zum inneren Führungszirkel des Teams gehören.
Glatte Sätze
Aber weil er eben "nur" der Manager ist, muss Bierhoff nach außen solche Sätze über die Hierarchie in der Mannschaft sagen: "Ballack ragt als Kapitän heraus." Bei dem Satz fällt dem Europameister von 1996 das Lächeln übrigens gar nicht mehr so leicht. Erst als zwei, nennen wir sie ruhig "Bierhoff-Jünger", das Podium betreten, hellt seine Stimmung wieder auf. Die Begrüßungsküsschen der italienischen TV-Lolita beim Abgang von der Bühne dürften ihr Übriges dazu beigetragen haben.
Dann haben Arne Friedrich von Hertha BSC und Simon Rolfes von Tabellenführer Bayer Leverkusen das Wort. Sollte Oliver Bierhoff am Abend die O-Töne der beiden Nationalspieler nebenan im Hyatt-Hotel im Fernsehen noch mal hören, er würde ohne Frage sein breitestes Lächeln hervorzaubern. Rolfes und Friedrich antworten besonnen und intelligent, man könnte auch sagen spröde und eher langweilig. "Wir sind Deutschland, wir wollen gegen England gewinnen. Natürlich ist das ein besonderes Match, es ist ein Klassiker." Beide können sich noch gut an die Halbfinalkrimis der WM 1990 bzw. der EM 1996 gegen England erinnern. Leichtes Gejuchze macht sich auf der Bühne breit. Die Stimmung ist auch bei den beiden Akteuren glänzend.
Keine echten Typen
Dann fragt doch noch ein böser Journalist den Leverkusener Kapitän, ob er es nicht unkameradschaftlich von Ballack gefunden habe, dass der sich im Aufstellungsstreit auf Frings' Seite geschlagen habe. Schließlich würden er (Rolfes) und Frings ja dieselbe Position bekleiden.
Aber so einfach lässt sich Rolfes, dem wie Friedrich zugetraut wird, während der WM 2010 zu den absoluten Führungsspielern zu gehören, nicht provozieren: "Darüber ist in der Vergangenheit alles gesagt worden. Von mir gibt es dazu keinen Kommentar." Genauso wünscht sich Bierhoff das. Nicht anecken, schön vorsichtig, klug und stromlinienförmig. Im Prinzip ist dagegen auch nichts einzuwenden. Es fragt sich nur, ob man mit solchen Typen auch Weltmeistertitel gewinnt. Irgendwie schwer vorstellbar.