Milliardenschwere Oligarchen und Investoren haben die totale Macht im englischen Profi-Fußball. Das soll sich in Zukunft ändern – zumindest ein bisschen: Großbritanniens Regierung will mit einer unabhängigen Aufsicht die Auswüchse bei den Klubs eindämmen und das System gerechter machen. Die neue Behörde soll Vereine bestrafen können, die finanzielle Regeln und andere Vorschriften brechen, wie britische Medien berichteten. Außerdem soll es einen neuen Test für potenzielle Klubeigentümer vor Übernahmen geben und Fans sollen mehr Mitsprache erhalten.
Die britische Regierung reagiert damit auf die Turbulenzen in den vergangenen Jahren. In schlechter Erinnerung ist das Vorhaben, eine europäische Super League einzuführen. Die Großklubs Manchester City, Manchester United, FC Liverpool, FC Chelsea, Arsenal London und Tottenham Hotspur hatten ihre Pläne erst zurückgezogen, nachdem englische Fußball-Fans auf die Barrikaden gegangen waren. Der jüngste Aufreger war die Übernahme von Newcastle United durch einen saudischen Staatsfond, der dem Mittelklasseklub quasi unbegrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung stellt.
Klubbesitzer sollen strenger überprüft werden
Schon Ende vergangenen Jahres hatte die konservative Abgeordnete Tracey Crouch einen Bericht vorgelegt, der sich detailliert mit den Problemen und Mängeln im englischen Fußball auseinandersetzt und zahlreiche Vorschläge zur Verbesserung der Lage beinhaltete. Jetzt signalisierte die britische Regierung Zustimmung zu den Vorschlägen. Wie genau und wann sie umgesetzt werden, ist allerdings offen.
Die wichtigsten Veränderungen: Klubbesitzer sollen nicht nur beim Kauf eines Vereins überprüft werden, sondern auch danach unter Beobachtung stehen. Grundsätzlich sollen Vereine besser geschützt werden vor den Pleiten ihrer Besitzer oder willkürlichen Entscheidungen. Es soll beispielsweise überprüft werden, woher das Geld für die Übernahme stammt, welche geschäftlichen Verbindungen es gibt und was für Geschäfte der Käufer in seiner Vergangenheit so getrieben hat.
Um finanzielle Ungleichheit etwas abzumildern, schlägt Couch eine Transferabgabe vor. Wenn ein Klub einen Profi kauft, soll ein Teil der Ablöse an den Breitensport fließen. Im Gespräch sind zehn Prozent.
Premier League lehnt Pläne ab
Besonderes bedeutend ist die Einführung von größeren Mitspracherechten der Fans, die ebenfalls festgelegt werden. Einsame Entscheidungen von profitorientierten Investoren wie zum Beispiel bei der Unterstützung einer europäischen Super League, der Verkauf des Stadionnamens oder die Veränderung eines Vereinswappens sind dann ohne Zustimmung der Anhänger nicht mehr möglich.
Crouch machte deutlich, dass dafür vorerst ein unabhängiges Kontrollgremium ("independent regulator") außerhalb des englischen Fußball-Verbandes FA notwendig sei. Bevor die FA die Kontrolle übernehme, müsse sie sich selbst einer substantiellen Reform unterziehen. Dringend notwendig sei eine Einigung zwischen der Premier League und der English Football League, die für die zweite bis vierte Liga zuständig ist, über eine Neuverteilung der Milliardeneinnahmen.
Für die reichen Premier-League-Klubs bedeuten die Pläne einschneidende Veränderungen. Wie zu erwarten war, lehnen sie die Reform ab, besonders die Überprüfung der Klubbesitzer. In einem Statement begrüßte die Premier League zwar die "stärkere Regulierung" und die "Klarheit der Regierung", lehnte aber eine "gesetzlich verankerte Regulierungsbehörde" ab. Es steht also demnächst viel Lobbyarbeit in London an, aber es könnte sein, dass die Abwehrversuche zu spät kommen.
Quellen: DPA, "Süddeutsche Zeitung", "Guardian", "BBC"