Joseph Blatter ist so etwas wie die Teflonpfanne des Sports. Wann immer man glaubt: Diese Affäre übersteht er nicht – er tut es doch. Wann immer er in die Bredouille gerät, er wehrt sich mit Händen und Füßen und kommt am Ende ungeschoren davon. So war es 2011, als er ziemlich überraschend wiedergewählt worden war. Nur wenige Tage vor der Entscheidung am 1. Juni wurde der Vorwurf gegen Blatter erhoben, von Schmiergeldern im Weltfußballverband gewusst und nichts unternommen zu haben, die Missstände zu beenden. Immerhin hatte er sogar einen Gegenkandidaten: Mohamed bin Hamman, ein Geschäftsmann aus Katar, jenes Land, das die WM 2022 austragen darf. Der aber zog seine Bewerbung kurz vor der Wahl zurück – wegen Korruptionsvorwürfen. Er wurde beschuldigt, versucht zu haben, die Wahl mittels Bestechung zu manipulieren. So blieb ein Kandidat: Sepp Blatter. Er siegte souverän: 186 von 203 stimmten für ihn.
Dabei galt Blatter damals als Herr des Missmanagements. Höhepunkt waren Verluste von bis zu 100 Millionen Dollar beim Marketing. Blatter war es, der eine interne Untersuchung mit einem Veto verhinderte. Schon damals, im Sommer 2011, ahnten Kenner der Szene, dass auch das nicht das Ende Blatters bei der Fifa sein muss. Forderungen, die Wahl des Präsidenten zu verschieben, prallten an Teflon-Blatter ab. "Natürlich wäre eine Verschiebung der Wahl, eine Atempause, sinnvoll. Aber dies wird Blatter nicht zulassen. Er wird weiter mit allen Mitteln um seine Macht kämpfen", ahnte damals Guido Tognoni, der unter dem mächtigen Präsidenten selbst zu einem wichtigen Fifa-Funktionär aufstieg. Tognoni war Pressechef und Marketingdirektor beim Fußball-Weltverband. Heute zählt er zu Blatters schärfsten Kritikern.
Immer wieder forderte Tognoni "null Toleranz gegenüber Korruption“ und "mehr Transparenz". Im "Hamburger Abendblatt" sagte er: "Die Korruptionsvorwürfe sind aktenkundig und von Gerichten bestätigt. Es handelt sich hier um kriminelle Tatbestände. Die Fifa muss endlich aufwachen und den Handlungsbedarf erkennen." Auch jetzt steht er wieder an der Spitze derjenigen, die Blatters Einlassungen nicht einfach hinnehmen. "Wenn Sepp Blatter den Deutschen jetzt irgendwelche Vorwürfe macht, dann treffen die auf ihn zu. Denn er hätte ja das Ganze stoppen können, wenn es unsauber gelaufen wäre. Dann hätte er sagen müsse: So geht es nicht", meinte Tognoni im ARD-Morgenmagazin zur Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Blatter hatte am Wochenende Unregelmäßigen bei der WM-Vergabe im Juli 2000 angedeutet, ohne konkret jemanden zu beschuldigen. "Tatsache ist, dass in der Fifa unter der Präsidentschaft von Sepp Blatter Dinge geschehen sind, die eigentlich in einem Fußballbetrieb nicht geschehen sollten", sagte Tognoni.
Blatter revanchierte sich mit seinen Äußerungen offenkundig für das blanke Unverständnis, das ihm wegen der jüngsten Enthüllungen aus dem deutschen Fußball entgegenschlug. Ligapräsident Reinhard Rauball hatte ihn telefonisch zum Rücktritt aufgefordert, DFB-Präsident Wolfgang Niersbach reagierte entsetzt. Das in den Akten der Staatsanwaltschaft Zug belegte Ausmaß der Fifa-Korruptionsaffäre schlug weltweit Wellen, Blatter sieht dabei alles andere als gut aus. "Die nunmehr öffentlichen Informationen beweisen leider in negativer, aber auch eindrucksvoller Weise, wie zwingend notwendig der aktuelle Reformprozess bei der Fifa und wie wichtig die Schaffung einer komplett unabhängigen Ethikkommission und eines klaren Ethikreglements ist", gibt Zwanziger unumwunden zu.
Nachdem unappetitliche Details der Schmiergeldaffäre um den ehemaligen FIFA-Präsidenten Joao Havelange und dessen brasilianischen Landsmann Ricardo Teixeira bekanntgeworden waren, erhofft sich Zwanziger frischen Wind bei der Aufarbeitung. "Ich bin zuversichtlich, dass die von Professor Pieth für den Vorsitz der beiden Kammern vorgeschlagenen Personen bestätigt werden, sofort ihre Arbeit aufnehmen und sich auch dieser Sache - komplett unbeeinflusst von der Fifa - noch einmal annehmen." Blatters Kritiker haben auch schon eine Lösung parat, wie bei der WM-Vergabe jede Bestechlichkeit vermieden werden würde. Tognoni: "Eine Auslosung unter den Kandidaten erstickt Korruptionsvorwürfe gegenüber dem Exekutivkomitee im Keim."