DFB-Elf vor dem WM-Achtelfinale Keine Angst vor England

Zwei Tage vor dem Showdown gegen England herrscht bei Joachim Löw und Philipp Lahm Optimismus. Letzte Knackpunkte sind Schweinsteigers Fitness, die Festigkeit der Abwehr und die Nerven der Spieler.

Die schlechte Nachricht aus dem DFB-Quartier: Gegen Ghana hat die Mannschaft ihr Spiel hinten nicht gut und zügig aufgebaut, wie der Kapitän Philipp Lahm sagt, und vorne nicht gut zu Ende gebracht, wie der Trainer Joachim Löw sagt. Diese Einschätzungen, die die beiden Führungskräfte heute Mittag äußerten, hörten sich eigentlich ziemlich eindeutig an: Das deutsche Kurzpassspiel, nach dem Sieg gegen Australien laut gelobt, nach der Niederlage gegen Serbien noch deutlich erkennbar, nach dem Sieg gegen Ghana weitgehend verloren - man muss es sich im Moment in einem Zustand akuter Bedrohung vorstellen.

Doch diese Nationalmannschaft nimmt deshalb zumindest öffentlich keinen mentalen Kurswechsel vor: Sie hüllt sich weiterhin in eine Wolke von Selbstbewusstsein und Optimismus. Und so kamen Lahm und Löw zu zahlreichen Wertungen, die all jene beruhigen, die dem Spiel gegen England am Sonntagnachmittag nicht zuversichtlich und gelassen entgegen schauen.

Keine Angst vor England

Man habe "keine Angst" gehabt vor dem Spiel gegen Ghana, sagte etwa Joachim Löw. Nur eine "Grundanspannung" sei das gewesen, sogar eine "positive Nervosität". Von der Größe des Augenblicks doch ziemlich beeindruckt und längst nicht so frei im Kopf wie gegen Australien war einem die junge Mannschaft vorgekommen am Mittwochabend, es ging ja immerhin auch darum, die Schmach eines peinlich frühen Ausscheidens zu verhindern. Doch Löw deutete das anders: "positiv".

Die Probleme in der Innenverteidigung, wo der starke Arne Friedrich seinem Nebenmann Per Mertesacker keinen Halt geben konnte, lösen sich nach Aussage des Bundestrainers, wenn man einen Blick zurück wirft. Mertesacker sei "eine wichtige Stütze", habe "in wichtigen Spielen immer bewiesen, dass auf ihn Verlass ist". Dass seine Formkurve bei dieser WM bisher nach unten zeigt, ist demnach bedeutungslos. Gegen England, das sehr stark mit Flanken operiere, spiele Mertesacker eine "wichtige Rolle", sagte Löw noch. Da hatte er auf jeden Fall Recht.

Großes Fragezeichen hinter Schweinsteiger

Per Mertesacker gilt gemeinhin als kein unwichtiger Spieler, Bastian Schweinsteigers Bedeutung für diese WM-Mannschaft kann kaum überschätzt werden. In Südafrika zeigt er bisher ein Niveau, das ihm bei keinem der drei großen Turniere gelungen ist, die er zuvor bestritten hat. Und nun ist Schweinsteigers Oberschenkelmuskel so stark lädiert, dass hinter seinem Einsatz am Sonntag gegen England ein "ganz großes Fragezeichen" (Löw) steht. "Mit 90 Prozent Gesundheit", schob der Bundestrainer noch nach, reiche es nicht. Philipp Lahm hatte die Bühne im Presseraum des Mannschaftshotels etwas später betreten und das medizinische Urteil nicht mitbekommen. Aber vielleicht hätte er sich ohnehin so unmissverständlich optimistisch zum verletzten Vize-Kapitän geäußert: "Ich bin mir absolut sicher, dass Bastian spielt. Er ist ein Kämpfer", sagte Lahm. Und hatte auch diese Sorge zerstreut.

Lahm bekräftigte noch einmal seinen Ausspruch, er spiele in der besten deutschen Mannschaft, in der er je gespielt habe. Und dann wusste er schließlich sogar die Niederlage gegen Serbien ins Gute umzudeuten: Er sprach ihr fundamentale Bedeutung für das weitere Gelingen des Turnerverlaufs zu. "Es war wichtig, dass wir nicht durch die Gruppenphase marschiert sind und nicht jedes Spiel gewonnen haben", sagte Lahm. Bei aller Kraft, die sich aus Niederlagen schöpfen lässt - das Achtelfinale will der Kapitän dennoch gewinnen.

P.S.: England oder Deutschland: Wer ist mental stärker? Diskutieren Sie das Thema auf Fankurve 2010 der Facebook-Fußballfanseite von stern.de.

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