Nach dem WM-Aus in Südafrika Die deutsche Nationalelf stellt sich die K-Frage

Philipp Lahm wird nicht als Kapitän des jüngsten deutschen Weltmeister-Jahrgangs in die Fußball-Geschichte eingehen. Die Binde will er nicht freiwillig an den Bundestrainer zurückgeben, aber er hätte auch "kein Problem" mit einem Kapitäns-Comeback von Ballack.

Bei seinem verständlichen Dauer-Anspruch auf das Kapitänsamt erwischte Philipp Lahm ein schlechtes WM-Timing, aber den Machtkampf mochte er nach dem Halbfinal-K.o. nicht weiter schüren. "Ich habe kein Problem damit, wenn Michael Ballack wieder Kapitän wird", versicherte der 26 Jahre alte Abwehrspieler nach dem 0:1 gegen Fußball-Europameister Spanien, das ihn auch am Tag danach noch sichtlich mitnahm. Leer war Lahms Blick - die Enttäuschung "riesig".

Als Anführer des jüngsten deutschen Weltmeister-Jahrgangs wäre er fast in die Geschichte eingegangen, das hätte auch seine Position im Streben nach einer längeren Übernahme der Kapitänsbinde befördert. Freiwillig will er das Amt, das er von Joachim Löw zunächst nur für das WM-Turnier übertragen bekam, aber nicht aufgeben. "Ich werde nach dem Turnier nicht zum Bundestrainer gehen und ihm die Binde zurückgeben", kündigte Lahm am Donnerstag deutlich an.

"Man kann nicht von einem Machtkampf reden", erklärte Lahm zu seinem Anspruch auf die dauerhafte Ablösung von Ballack. "Die Macht liegt nur beim Bundestrainer, nicht bei mir und nicht bei Michael." Den 98-maligen Nationalspieler, der seit 2004 Kapitän war und offiziell weiter ist, habe er mit seinem öffentlichen Vorstoß auch nicht attackiert: "Das war überhaupt kein Angriff auf Michael."

Einen falschen Zeitpunkt habe er nicht gewählt. "Es wurde eine einfache Frage an mich gestellt, und ich habe ehrlich geantwortet. Wenn man in einem Amt ist, will man das Amt auch gerne behalten. Nicht mehr und nicht weniger. Es wäre schlimm, wenn ich dieses Amt nicht weiter ausführen wollen würde. Es macht mir sehr viel Spaß."

Das Verhältnis zum 33-jährigen Ballack ist aus seiner Sicht nicht belastet, eine Aussprache hält Lahm nicht für nötig. "Unser Verhältnis bleibt wie vorher auch." Während sein Bayern-Kollege Bastian Schweinsteiger fest mit Ballacks Rückkehr ins Nationalteam rechnet und den jahrelangen Leitwolf nach dem WM-Halbfinale sogar als "sehr wichtig für uns" bezeichnete, bezog Lahm nicht klar Stellung: "Es ist allein eine Entscheidung des Bundestrainers, wen er nominiert." Ballack sei aber ein "hervorragender Fußballer".

Lahm glaubt nicht, dass seine geäußerten Kapitäns-Ansprüche kurz vor dem Halbfinale schädlich waren. "Es hat die Mannschaft gar nicht beeinflusst", meinte der Münchner. Teammanager Oliver Bierhoff mochte die Niederlage ebenfalls nicht in Zusammenhang mit der Debatte setzen. "So sensibel sind die Spieler nicht, dass das auf die Leistung Ausschlag hatte", sagte Bierhoff, schloss aber an: "Man weiß auch, dass die Aussage zu diesem Zeitpunkt unglücklich war."

Die Jugend von 26 Jahren spricht ohnehin mittelfristig für Lahm, der ein guter Kapitän in Südafrika war und in der Hierarchie längst ganz oben angekommen ist. Der Abwehrspieler spielte insgesamt einmal mehr ein sehr gutes Turnier, auch wenn er im 71. Länderspiel in Durban nicht vorangehen konnte, schwächer als sonst agierte.

Die entgangene Final-Chance frustrierte ihn. "Aber das Gute ist, dass ich noch ein paar Jahre vor mir habe", sagte Lahm. Spätestens zwei Tage nach der Rückkehr aus Südafrika wird er auch wieder strahlen, wenn er seine Claudia in Aying bei München vor den Traualtar führt. "Ich habe mein persönliches Highlight am kommenden Mittwoch, ganz klar", sagte Lahm.

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Klaus Bergmann und Jens Mende, DPA

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