Sie werden ihn fertig machen. Seinen Rücktritt verlangen. Ihn beleidigen. Sie werden alles dafür tun, dass Abneigung in Hass umschlägt. Die brasilianischen Journalisten werden sich das nicht gefallen lassen. 2:1 gegen Nordkorea. Wär ja noch schöner.
Brasiliens Trainer Carlos Dunga, 46, Igelschnitt und strenger Blick, wird es weiterhin schwer haben in seiner Heimat. Sie nennen ihn den Deutschen, nicht weil er mal in Stuttgart gekickt hat, sondern weil er nach Meinung der Meinungsmacher und vieler ihrer Leser und Zuhörer das Spiel verrät. Brasiliens Spiel, so finden sie, soll schön sein, trickreich, offensiv. Unter Dunga spielt die Nationalmannschaft vor allem kontrolliert.
Er bietet eine dichte Abwehr auf und stellt defensive Abräumer davor. Erfolg hat er durchaus damit, denn mehr als drei Punkte hätte Brasilien bei seiner ersten WM-Partie nicht holen können. Aber das 2:1 gegen Nordkorea reicht vielen Brasilianern nicht. Sie wollen sich berauschen können an den Auftritten ihrer Elf.
Maicon kam gar nicht klar
Stattdessen hätten sie spotten können, so unbeholfen griff der ewige WM-Favorit an. Oft ging es über rechts, wo bei Brasilien der Außenverteidiger Maicon spielt, Champions-League-Sieger mit Inter Mailand und auf dieser Position neben seinem Landmann Dani Alves, der später eingewechselt wurde, eigentlich der Beste der Welt. Maicon kam gar nicht klar mit einem Gegner, der den Ball statt mitzuspielen lieber aus der eigenen Hälfte schlug, um gleich wieder konzentriert seine Abwehr zu formieren. Sein Zusammenspiel mit dem Weltstar Kaká scheiterte regelmäßig, seine Flanken blieben ungefährlich, einmal drosch er den Ball frustriert auf das nordkoreanische Tor, mehrere Meter hinter dem Strafraumeck stehend. Stetig weniger gelang Maicon, gelang Brasilien in dieser ersten Halbzeit in Johannesburgs steil emporragenden Fußballfestung Ellis Park.
Und dann war es gerade dieser Maicon, der in der 55. Minute traf. Nordkorea hatte sich herausgenommen, einen Eckball herauszuholen und den gegnerischen Strafraum mit vier Spielern zu betreten. Kaká setzte einen Konter, der Ball fand im zweiten Anlauf den Weg zu Maicon, dem der Ball von der rechten Torauslinie - über den Spann rutschte? Auf jeden Fall landete er im Tor, zum Schrecken des wackeren Schlussmanns Guk Myong Ri, der wie jeder andere mit einer flachen Hereingabe gerechnet hatte.
Nordkorea hielt mit Disziplin dagegen
Das 2:0 schoss Elano, und fast dachte man, das Spektakel beginne doch noch. Aber Nordkorea hielt in der kalten südafrikanischen Winternacht mit Disziplin dagegen. Und erzielte kurz vor Schluss sogar, das entscheidende Zuspiel hatte Maicon nicht verhindert, den Anschlusstreffer.
Sonntag trifft Brasilien auf die Elfenbeinküste, die gegen Portugal gezeigt hat, dass sie verteidigen kann. Auch Carlos Dunga wird eine starke Abwehr aufbieten.
P.S.: Ist Brasilien seiner Favoritenrolle gerecht geworden? Diskutieren sie auf Fankurve 2010 der Facebook-Fußballfanseite von stern.de.