Schwer angeschlagen und entsetzt über die Morddrohungen gegen Mitspieler Sani Kaita müssen die Nigerianer ihre letzte WM-Chance suchen. Gegen Südkorea wollen die "Super Eagles" nicht nur drei Punkte holen, sondern auch für ihren gesperrten Teamkameraden spielen. "Solche Sachen passieren manchmal. Man sollte ihm vergeben", sagte Torwart Vincent Enyeama vor der Partie am Dienstag in Durban (20.30 Uhr/ZDFinfokanal/Sky). Zusätzliche Motivation soll eine Prämie von 30 000 Dollar pro Spieler bringen.
Größer als die Furcht vor dem Aus scheint derzeit die Angst um Kaita, der nach seiner Roten Karte gegen Griechenland massiv bedroht wird. Wie ernst Nigerias Fußballverband die Morddrohungen nimmt, lässt sich daran erkennen, dass bei der eigenen Regierung verschärfte Sicherheitsvorkehrungen erbeten wurden. "Wir hoffen, dass die Regierung diese Drohungen als ernste Sache behandelt", sagte Team- Sprecher Idah Peterside.
Am Montagabend spielte er den Fall allerdings herunter. Es bestehe keine "konkrete Gefahr", sagte er in Durban. "Wenn ein Deutscher hört, ich bringe dich um, dann heißt das, er ist nächste Woche tot. Bei uns in Nigeria bedeutet es, ich bin nicht glücklich mit dir", erläuterte Peterside, und löste damit in der Pressekonferenz großes Gelächter aus.
Gleichwohl sollen die Sicherheitsvorkehrungen erhöht worden, zusätzliche Polizisten am Protea Hotel Waterfront im Einsatz sein. Dazu gibt es allerdings widersprüchliche Angaben. Während Peterside in nigerianischen Medien von bis zu 30 zusätzlichen Polizisten sprach, erklärte ein Sprecher der Nigeria Football Federation, dass nicht mehr Sicherheitspersonal als üblich im Hotel sei.
Während einige Anhänger Kaita bedrohen, haben die Mitspieler ihm längst verziehen. "Man sollte ihn nicht leidend alleinlassen", sagte Torwart Enyema. Und Mittelfeldmann Kalu Uche erklärte: "Niemand beschuldigt ihn für irgendetwas." Trainer Lars Lagerbäck findet es "traurig", dass diese Situation entstanden ist. Aber die Vorbereitung auf das Spiel sei dadurch nicht erheblich gestört worden. "Wir haben mit ihm und den anderen Spielern darüber gesprochen. Alle gehen sehr professionell mit der Situation um", sagte der schwedische Coach. Dickson Etuhu bestätigte das: "Wir sind alle Profis und konzentrieren uns auf unseren Job."
Sportlich stehen die Nigerianer vor dem Aus. Nur mit einem Sieg bei gleichzeitiger Hilfe durch Argentinien können die "Super Eagles" noch ins Achtelfinale kommen. "Im Fußball ist alles möglich. Ich erwarte schon, dass Argentinien gegen Griechenland gewinnt", sagte Lagerbäck. "Aber wir müssen uns auf unser Spiel konzentrieren." Und Etuhu meinte: "Wir glauben daran, dass wir uns mit der Hilfe Argentiniens für das Achtelfinale qualifizieren. Es ist ein Finale für uns." Personell gab es ein wenig Entwarnung. Auch die zuletzt angeschlagenen Spieler konnten wieder trainieren. "Das sieht positiv aus", sagte Lagerbäck.
Südkoreas Trainer Huh Jung Moo stellte sein Team auf einen kämpferischen Gegner ein. "Wir erwarten, dass Nigeria von Beginn an rabiat spielen wird", sagte der Coach, der in der Heimat als Hauptschuldiger für die 1:4-Pleite gegen Argentinien ausgemacht wurde. Einige Medien warfen Huh taktische Fehler vor und kritisierten vor allem, dass er den Freiburger Du-Ri Cha auf der Bank schmoren ließ. Gegen die Afrikaner dürfte Cha wie beim Auftakt-2:0 gegen Griechenland wieder in der Startelf stehen.
Der Trainer mühte sich bei den letzten Übungseinheiten in Durban darum, das Team hinter sich zu bringen. "Ich habe den Spielern gesagt, dass die WM eine Gelegenheit ist, die sich nur einmal im Leben bietet", erklärte Huh. Vor allem die Abwehr müsse sich stabilisieren. "Falls wir gut verteidigen, haben wir eine Chance, Tore zu machen und zu gewinnen", sagte Mittelfeldspieler Kim Jung- Woo. Der Ex-Dortmunder Lee Young-Pyo will sich die Chance, zum ersten Mal außerhalb des eigenen Landes ein WM-Achtelfinale zu erreichen, nicht entgehen lassen: "Wir haben unser Ziel und sind entschlossen, das Spiel zu gewinnen."