Als Gastgeber der Fußballweltmeisterschaft scheut Katar keine Kosten: Für über 6,5 Milliarden Dollar sind glänzende neue Stadien entstanden, für weitere 36 Milliarden Dollar bringen fahrerlose U-Bahnen die Menschen zu fünf der acht Austragungsorte. Auch die Straßenlaternen in Form von Palmen sowie riesige Fußballer-Porträts an hochmodernen Hochhausfassaden sollen den ausländischen Fans bereits bei der Anreise klarmachen: Die erste Fußball-Weltmeisterschaft in einem arabischen Land wird unvergesslich.
Hinzu kommen die Kosten für letzte Versuche der Organisatoren, die Welt von der Nachhaltigkeit der WM in dem Wüstenstaat, in dem die Stadien mit Klimaanlagen gekühlt werden müssen, zu überzeugen. Arbeiter schuften Tag und Nacht, damit bis zum Beginn der Spiele am 20. November alles perfekt ist.
300 Milliarden US-Dollar für die Fußball-WM 2022
Katar mit seinen nur 2,8 Millionen Einwohnern zählt zu den reichsten Ländern der Welt, und sein Erdgasreichtum sorgt für scheinbar unerschöpfliche Geldquellen, um das gigantische Spektakel zu ermöglichen. Die Gesamtinvestitionen des Emirats in die Infrastruktur, seit es 2010 den Zuschlag für die Fußball-WM erhalten hat, werden auf bis zu 300 Milliarden Dollar geschätzt.
Im Vergleich: Die Kosten für die WM im Jahr 2014 in Brasilien beliefen sich auf schätzungsweise 11,5 Milliarden Dollar, vier Jahre später kostete Russland das Sportspektakel rund 14 Milliarden Dollar.
Katar plant Stadien nicht nur für WM
Danyel Reiche findet derartige Vergleiche allerdings unfair: "Ein Großteil der Infrastrukturausgaben war bereits Teil des katarischen Entwicklungsplans 2030", sagt der Gastprofessor an der Georgetown University in Katar, der ein Forschungsprojekt zur WM leitet. "Sie wurden nur für die Weltmeisterschaft vorgezogen."
Ausdrücklich lobte der Fußballweltverband Fifa die Vorbereitungen Katars und insbesondere die acht Stadien, welche die arabische Tradition und Kultur hervorheben sollen. "Gemeinsam werden wir die beste Weltmeisterschaft aller Zeiten ausrichten - auf und neben dem Spielfeld", versprach Fifa-Präsident Gianni Infantino im Oktober.
Katar verweigert Entschädigung für Arbeitsmigranten
Menschenrechtsgruppen üben hingegen seit der Vergabe des Turniers an Katar massive Kritik an Menschenrechtsverstößen und am Umgang mit Arbeitsmigranten in dem Emirat. Zuletzt drängten sie Fifa und Katar wochenlang, einen Entschädigungsfonds in Höhe von 440 Millionen Dollar für Gastarbeiter einzurichten, die auf den WM-Baustellen umgekommen sind oder schwer verletzt wurden.
"Es gibt Familien, die hochverschuldet sind, weil ihre Männer nach Katar gegangen und dort umgekommen sind. Wir sollten das vor Beginn der Weltmeisterschaft in Ordnung bringen", sagte Rothna Begum von Human Rights Watch. "Nach der WM steht das Thema nicht mehr im Rampenlicht."
Einige Zeit sah es so aus, als könnten Fifa und Doha den Forderungen entgegenkommen. Doch nun hat Arbeitsminister Ali bin Samich Al Marri dem Plan eine Absage erteilt: Der Ruf nach einem Entschädigungsfonds sei ein reiner "Werbe-Gag" und kaum umsetzbar, sagte Marri der Nachrichtenagentur AFP. Erneut verwies Marri auf weitreichende Reformen in den vergangenen fünf Jahren, die den Hunderttausenden von Wanderarbeitern im Land zugutegekommen seien.