Man traute seinen Augen kaum. Als die beiden chinesischen Goldmedaillen-Gewinner nach ihrem sicher eingesprungenen Gold vom 10-Meter-Turm das Pressepodium betraten, wirkten sie wie kleine junge Mädchen vor dem Abschlussball. Yue Lin und Huo Liang war die Freude über den großen Erfolg nicht anzumerken. Irgendwie wussten sie nicht, ob sie sich auch wirklich freuen dürfen. Dann huschte endlich doch ein Lächeln über das Gesicht - aber spontan oder gar überschwänglich wirkte das nicht.
Yue Lin und Huo Liang, die beiden blutjungen Springer-Pennäler aus dem Reich der Mitte, wussten in diesem Augenblick ganz genau, was sie zu hatten. Zufriedenheit ausstrahlen, innere Freude empfinden. Nur eines durften sie ganz offensichtlich nicht: Euphorisch werden oder gar die Contenance verlieren. Natürlich hatten sie gerade Gold gewonnen, aber dafür verantwortlich sind eigentlich ganz andere. Die beiden Gold-Bürschchen hatten einen Auftrag, und den haben sie erfüllt.
"Ich möchte in erster Linie meinem Trainer danken", erklärte dann auch ein gelangweilter Yue Ling auf die Reporterfragen der einheimischen Journaille. Und natürlich dem medizinischen Team wolle er danken, dass seinen Partner und ihn so hervorragend auf diese große Herausforderung vorbereitet habe. Vor allem an der Psyche hätten sie gearbeitet. Und überhaupt: Beide seien natürlich sehr glücklich, hier gewonnen zu haben: Nur: So richtig abnehmen tat man das den Chinesen nicht.
Erst als die zu jugendlicher Fröhlichkeit neigenden chinesischen Journalisten einige Fragen bezüglich der einen oder anderen kolportierten Geschichte stellten, kam auch bei den beiden so etwas wie unbeschwerte Freude auf. Und sie lachten. Unverfälscht und spontan. Sogar ein wenig Alberei war dann zu sehen. Das es diese Momente leider viel zu selten gibt, ist schade, war aber im Vorfeld der Peking-Spiele abzusehen. Die Chinesen wollen demonstrieren, wie sie auch im Sport mittlerweile zu gewaltiger Stärke herangereift sind. Mit Erfolg. Nach nicht einmal drei Wettkampftagen ist die Zahl der gewonnenen Medaillen bereits im zweistelligen Bereich, zahlreiche werden noch hinzukommen.
Für Sascha Klein und Patrick Hausding ist die Silbermedaille ein großer Erfolg. Sie haben bedeutend weniger gemeinsame Trainingssprünge als die Chinesen absolviert, und gegen die beiden Asiaten zu verlieren ist keine Schande. Zumal diese bei einem Sprung sogar die Traumnote von fünf Mal die Zehn erhalten haben. "Das ich habe ich auch noch nicht oft erlebt", zeigte Klein Respekt vor dieser Leistung. Silber habe er jetzt schon, jetzt wolle er sich ganz auf die Einzelkonkurrenz konzentrieren. Was er bis zu dieser Entscheidung noch mache? "Ausruhen und entspannen" - verdient hat er es sich.