Olympia in Vancouver Friesinger droht Aus in Team-Verfolgung

War es das für Anni Friesinger-Postma? Nach ihrem enttäuschenden Abschneiden in den Einzelrennen und wegen ihrer erkennbar schlechten Form wird der frühere Eisschnelllauf-Star vermutlich nicht mehr in der Team-Verfolgung eingesetzt.

Kraftlos, mutlos, fassungslos: Ihr letztes Einzel-Rennen auf olympischem Eis hat schon für tiefe Ernüchterung gesorgt, der nächste "Hammer" traf Anni Friesinger-Postma am späten Abend im Olympischen Dorf. Dort eröffnete ihr Bundestrainer Markus Eicher, dass er zum Auftakt der Team-Verfolgung am Freitag voraussichtlich nicht mit dem "Golden Girl" von Turin plant.

"Sie ist nicht in Topform und muss sich überlegen, ob sie sich selbst einen Gefallen tut", sagte Eicher nach dem Sechs-Augen-Gespräch mit seinem früheren Schützling und dessen Coach Gianni Romme. "Ich habe mit offenen Karten gespielt, Anni liegt mir doch sehr am Herzen", meinte der Inzeller und räumte ein: "Sie hat es gefasst aufgenommen und will erst mal eine Nacht drüber schlafen."

Keine Weltklasse mehr

Das 1500-Meter-Rennen hatte zuvor schonungslos offenbart, dass die deutschen Damen auf dieser Distanz nicht mehr Weltklasse sind. Nur Platz neun für Friesinger und Rang zehn für Daniela Anschütz-Thoms waren die deprimierenden Fakten. "Schade, schade, schade: Es lief gar nicht", bedauerte Friesinger enttäuscht. "Das war nicht die Anni, die man kennt", urteilte die dreimalige Olympiasiegerin Gunda Niemann- Stirnemann, nachdem das ehrgeizige Ziel von sechs Olympia-Medaillen für den Verband schon längst nicht mehr realisierbar ist.

"Ich wollte alles, aber es fehlte jede Power. Aber Frust habe ich keinen", meinte Friesinger gefasst. Allerdings ging sie nach dem Rennen noch davon aus, dass sie im Team-Wettbewerb dabei ist. "Ein Team braucht gute Langstreckler und gute Mittelstreckler. Ich war die beste Deutsche. Ich denke schon, dass ich laufe", formulierte sie vorsichtig, nachdem Ireen Wüst in 1:56,89 Minuten für das dritte Olympia-Gold der Niederländer gesorgt und mit ihren Jubel-Ausbrüchen die Aufmerksamkeit im Olympic Oval auf sich gezogen hatte. Für Wüst war es nach den 3000 Metern von Turin das zweite Gold ihrer Karriere und zugleich die 80. Medaille der Oranje-Eisflitzer in der Olympia- Geschichte.

Endgültige Entscheidung ist noch nicht gefallen

"Wir warten auf jeden Fall die 5000 Meter ab. Aber im Moment sind die anderen Drei in der besseren Position", sagte Eicher und verhehlte nicht seine für Friesinger unbequemen Präferenzen. Erste Wahl sind demnach Stephanie Beckert, Daniela Anschütz und Katrin Mattscherodt. Wegen der Verletzungs-Probleme hatte Friesinger in diesem Winter kein einziges Team-Rennen oder -Training bestritten. Eicher fürchtet, dass der einstige Eis-Königin im harten Teamlauf am Ende "Körner" fehlen. "Ich kann die Pläne von Markus nachvollziehen. Anni hat wenig überzeugende Argumente geliefert, die Stammformation zu verändern", sagte DESG-Präsident Gerd Heinze und gab Eicher Rückendeckung.

Dennoch machte der Coach Friesinger Hoffnung, eventuell im Halbfinale zum Einsatz zu kommen. "Wenn es da gegen Kanada geht, müssen wir volles Risiko fahren, da könnte uns Anni vielleicht helfen." Auf jeden Fall ist Eicher um seine Rolle derzeit nicht zu beneiden: Geht das Auftakt-Rennen gegen Südkorea oder die starken Niederländerinnen daneben, wäre Edelmetall schon futsch. "Wenn es schief geht, bin ich der Dumme", weiß er selbst. Friesinger-Manager Klaus Kärcher kann die Gedanken-Spiele von Eicher nachvollziehen. "Es ist gut, wenn er mehrere Möglichkeiten hat. Und bei Anni muss das Knie erstmal durchhalten", sagte der Schwabe. Profitieren würden alle von einem Top-Team: Medaillen gäbe es für vier Läuferinnen.

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Frank Thomas/DPA

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