Sturz beim Bahnradfahren Und täglich grüßt der Olympia-Betrug

Olympia droht der nächste Skandal: Der britische Radfahrer Philip Hindes gab zu, absichtlich gestürzt zu sein, um in einem Vorlauf einen Neustart zu erzwingen. Später holte er mit seinem Team Gold.

Deutsche, die mehr schlecht als recht Englisch sprechen, haben schon häufig für Irritation und Gespött gesorgt. Vor nicht allzu langer Zeit mussten das unter anderem EU-Energiekommissar Günther Oettinger oder auch der deutsche Außenminister Guido Westerwelle erfahren. Es war daher eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann bei den Olympischen Spielen in London ein deutsch-englischer Sprachfauxpas für Aufregung sorgen würde. Ausgerechnet ein britischer Sportler mit deutschen Wurzeln hat mit einem Interview nun für einen Eklat gesorgt. Aber der Reihe nach.

Großbritannien gewann im Bahnrad-Teamsprint am Donnerstag Gold. Als Anfahrer für den britischen Superstar Andrew Hoy mit dabei war Philip Hindes. Hindes wurde in Krefeld geboren und fuhr bis vor 18 Monaten noch für Deutschland, vor zwei Jahren hat der 19-Jährige bei der Junioren-WM mit dem deutschen Team Platz drei belegt. Doch er wechselte den Verband und ging bei Olympia für Großbritannien an den Start.

"Ich bin gestürzt, ich hab es absichtlich getan"

Jetzt zum Skandal: Im Qualifikationsrennen gegen Deutschland stürzte Hindes kurz nach dem Start. Das Rennen wurde wiederholt. Aus Fairness. Wenn ein Rennfahrer im Bahnradsport fällt, wird das Rennen neu gestartet, um der Mannschaft, die nach einem Sturz einen Mann weniger hätte, die gleichen Chancen einzuräumen. Später, nach dem Finale, gab Hindes allerdings in einem Interview mit der britischen BBC unumwunden zu, absichtlich gestürzt zu sein: "Wir haben gesagt, wenn wir schlecht starten, müssen wir stürzen, um einen Neustart zu erzwingen. Ich bin gestürzt, ich hab es absichtlich getan. Es war alles geplant."

Später widerrief Hindes dann seine Aussage. Bei der offiziellen Pressekonferenz erklärte er, er sei unabsichtlich ausgerutscht, er habe schlicht die Kontrolle über sein Rad verloren. Hindes Bahnradtrainer, der Deutsche Jan van Eijden, sprach davon, dass sich sein Fahrer einen Scherz erlaubt und "dabei nicht nachgedacht" habe. Auch die britische Teamleitung widersprach der Aussage. Sie erklärten Hindes Wortmeldung knapp mit "mangelnden Englischkenntnissen".

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Keine sportrechtlichen Konsequenzen

Nun gibt es Videos auf englischsprachigen Nachrichtenseiten, in denen Hindes, das darf man sagen, in einwandfreiem Englisch seinen Sturz erklärt (siehe oben). Der Verdacht liegt somit nahe, dass es beim Interview nach dem Finale keineswegs an Sprachkenntnissen gemangelt haben dürfte. Sollte der Sturz tatsächlich absichtlich gewesen sein, hätte Hindes – und mit ihm das britische Gold-Team – von den Regularien profitiert und diese schamlos ausgenutzt. Schon vor wenigen Tagen hatten acht Badminton-Spielerinnen in den letzten Gruppenspielen absichtlich schlecht gespielt, um stärkere Gegner in der K.o.-Phase zu umgehen. Die Spielerinnen wurden von den Olympischen Spielen ausgeschlossen.

Hindes Sturz bleibt dagegen ohne sportrechtliche Konsequenzen. "Es gab keinen Protest und die Goldmedaille ist verteilt - dabei bleibt es", erklärte Enrico Carpani, der Sprecher des Weltverbandes UCI. Frankreich, das im späteren Finale unterlag und nachträglich potenziell Gold gewinnen könnte, zeigte sich enttäuscht. "Es ist auf den Videos ziemlich klar zu erkennen, dass er stürzte, um den Neustart zu erzwingen. Aber es gibt keine Regularien, die eine solche Aktion bestrafen könnten", sagte Isabelle Gautheron, die technische Leiterin der Franzosen. "Aber", fügte sie noch hinzu, "jetzt, wo Hindes seinen Sturz zugegeben hat, sollten die Regeln geändert werden." Das hatte man auch beim Badminton gefordert.

Von Felix Haas

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