Als die Kür zu Ende war, sanken Aljona Savchenko und Bruno Massot auf das Eis. Vollkommen erschöpft, aber genauso glücklich. Schließlich umarmten sich die beiden. Sie wussten, dass sie gerade eine überragende Kür gelaufen waren, die neue Maßstäbe setzt. Künstlerisch und choreografisch war es das Anspruchsvollste, was je in der Geschichte des Eiskunstlaufes dargeboten wurde, geschaffen vom früheren Olympiasieger Christopher Dean zur Filmmusik von "La terre vue du ciel" (Die Erde von oben gesehen). Jetzt hieß es nur noch abwarten, wie die Konkurrenz abschneiden würde. Doch weder das chinesische Paar, Sui Wenjing und Han Cong, noch das kanadische, Meagan Duhamel und Eric Radford, kamen an die 235,90 Punkte heran - die Sensation war perfekt.
Beide brachen in diesem Moment in Tränen aus, von ihren Gefühlen überwältigt. Zuvor hatte schon die frühere Olympiasiegerin Katarina Witt auf der Tribüne Tränen in den Augen gehabt angesichts des makellosen Auftritts des deutschen Paares. Und auch das: Es war das erste olympische Paarlauf-Gold für Deutschland seit 66 Jahren, zuletzt gewann 1952 das Ehepaar Ria und Paul Falk.
Die Hoffnung auf Gold war so gut wie erloschen
Dabei war die Hoffnung auf Gold nach dem Kurzprogramm fast erloschen. Massot hatte sich beim Salchow, den er nur zwei- statt dreifach gesprungen war, einen Aussetzer erlaubt. Savchenko hatte danach in den Interviews ihre Wut auf den Partner kaum verbergen können. Wegen der Niedergeschlagenheit von Massot hatte die deutsche Teamleitung sogar eine Besprechung angesetzt. "Wir haben klare Worte gefunden und uns eingeschworen", berichtete Trainer Alexander König. Dabei wurde ein Facebook- und Presseverbot bis zum Wettkampfende ausgesprochen, um den beiden die nötige Ruhe zu verschaffen.

Die Aussprache wirkte. Der Zorn und die Enttäuschung nach dem Kurzprogramm waren bei der Kür wie weggeblasen. Savchenko und Massot präsentierten sich in traumwandlerischer Harmonie. Sie zeigten alle Einzelsprünge, einen exzellenten, hohen Twist als Eingangselement und einen dreifachen Wurf-Flip.
Savchenko und Massot von Weinkrämpfen geschüttelt
Die Sieger-Interviews musste Savchenko immer wieder unterbrechen, weil sie von Weinkrämpfen geschüttelt wurde. "Manche brauchen fünf Anläufe, manche nur einen. Ich gebe niemals auf", stammelte sie. Wir haben uns gesagt, wir kämpfen wie Tiger. Olympischer Champion - ich bin so glücklich. Es ist mein Moment", erklärte die 34-Jährige der Energieleistung auf dem Eis. Sie hatte mit ihrem früherem Partner Robin Szolkowy zwei Mal olympische Bronze gewonnen, ist fünfmalige Weltmeisterin und viermalige Europameisterin.
Nach der Enttäuschung in Sotschi vor vier Jahren kam der große Bruch. Savchenko wechselte Partner und Trainer, Bruno Massot und Alexander König ersetzten Szolkowy und Ingo Steuer. Die drastische Maßnahme hat sich gelohnt. Savchenko hat zusammen mit Massot ein Olympia-Märchen geschrieben und ihre Karriere gekrönt.
"Von Platz vier auf eins - das ist unglaublich und großartig. Wir haben den Weltrekord gesehen. Aber wir mussten ja noch warten, das war härter als zu laufen", beschrieb der 29 Jahre alte Massot die ungewisse Zeit bis zum feststehenden Olympiasieg.