Doping-Jäger Pound "Einer dabei, der nicht dopt?"

Die Kontrollen im Radsport hält er immer noch für schwach, Fußballprofis misstraut er, und den Chinesen redet er wegen Olympia ins Gewissen - ein stern-Gespräch mit Richard Pound, dem härtesten Doping-Jäger der Welt.

Richard Pound, Chef der Welt-Antidoping-Agentur Wada, hält die Kontrollen im Radsport immer noch für schwach. "Ich schaue mir die Tour so lange nicht an, bis ich überzeugt bin, dass es einen grundlegenden Wandel im Radsport gibt. Bis ich überzeugt bin, dass unser Kampf gegen Doping zu einem Umdenken führt", sagte der Kanadier in einem Interview mit dem stern.

Die Beichten der deutschen Radprofis hält der oberste Doping-Jäger für sehr wichtig, denn dadurch würde der Öffentlichkeit endlich bewusst, "wie dreist das Abstreiten war". Und dass sich viele Fans des Radsports nun von ihren Idolen hintergangen fühlen, würde endlich zu einem Umdenken führen. Pound: "Die Leute sollten sogar wütend werden, denn sie wurden jahrelang betrogen und veralbert."

Pound fordert auch das Fernsehen auf, endlich Konsequenzen aus den Dopingfällen zu ziehen: "Stellen Sie sich vor, jetzt würden noch die Fernsehsender sagen, wir bezahlen dafür, echten Sport zu zeigen, also übertragen wir den Radsport nicht mehr, bis er erwiesenermaßen frei von Doping ist. Die Tour de France läuft, und der Bildschirm bleibt schwarz! Wir sind nicht interessiert, weil es kein Radrennen mehr ist, sondern ein pharmakologischer Wettbewerb!"

Obwohl der Internationale Radsportverband UCI die Zahl der Doping-Tests deutlich erhöht hat, wird er von Pound kritisiert. Er halte die Kontrollen nach wie vor für zu schwach. "In den vergangenen Jahren lief es bei der Tour meines Wissens so: Die Radsportler werden um fünf Uhr morgens getestet, und zwar für die Etappe, die mittags startet. Direkt bevor das Rennen losgeht, gibt es keine Kontrolle mehr. Sieben Stunden lang gibt es keine Kontrolle! Und nach dem Rennen kannst du als Fahrer eine Stunde lang verschwinden und musst erst dann wieder auftauchen. Ich bitte Sie!"

Auch andere Sportarten sieht Pound sehr kritisch. Zum Beispiel den Fußball, obwohl immer wieder Spieler und Funktionäre behaupten, da sei Doping nicht sinnvoll. Pound: "Meinen die wirklich, irgendjemand glaubt das? Selbstverständlich kann man sich als Fußballer dopen! Ich kann meine Ausdauer steigern, meine Maximalkraft, meine Regenerationsfähigkeit…"

Im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2008 in Peking warnt Pound die Chinesen, die als Produzenten vieler Doping-Mittel gelten: "Als ich voriges Jahr dort war, bei einem offiziellen Besuch, habe ich denen gesagt: Ich bin ein Freund Chinas, es ist also gut, es von einem Freund zu hören. Wenn ihr mit tausend unbekannten Athleten zu diesen Spielen kommt, und ihr jede einzelne Medaille gewinnt, werden eure Spiele kein Erfolg sein. Das wird ein Misserfolg! Ich habe den Chinesen gesagt, ihr müsst die Welt davon überzeugen, dass ihr es wirklich ernst nehmt mit dem Doping."

Die WADA werde bei ihrer Arbeit genauso hart vorgehen wie bei den letzten Olympischen Spielen. "Unsere Mitarbeiter in China werden bestens präpariert sein", sagt Pound zum stern. "Und sie würden wie schon in Athen 2004 auch vor Sporthelden aus dem Gastgeberland nicht zurückschrecken."

Die Mehrheit der Bundesbürger wünscht sich unterdessen, dass die Tour de France auch im Fall neuer Doping-Enthüllungen weiter im Fernsehen übertragen wird. In einer Umfrage für den stern sprachen sich 53 Prozent hierfür aus. 39 Prozent sind der Ansicht, dass die TV-Sendungen eingestellt werden sollten, falls es zu neuen Doping-Fällen kommen sollte. 8 Prozent äußerten keine Meinung. Sowohl bei ARD als auch beim ZDF wird ein Sendestopp der Tour de France erwogen, sollte Doping aufgedeckt werden.

PRODUKTE & TIPPS