Eishockey DEL - Debatte um Ausländer-Quote

In der DEL machen deutsche Profis immer häufiger Schlagzeilen und laufen ihren ausländischen Kollegen vermehrt den Rang ab. In der nächsten Saison fällt eine Ausländerstelle weg, in Zukunft sollen noch weitere gestrichen werden. Doch reicht die Qualität der deutschen Spieler wirklich aus, um diese Lücke zu füllen? Wir diskutieren.

Wochenende in der Deutschen Eishockey-Liga – und wieder einmal stehen einheimische Profis im Rampenlicht. Krefelds Daniel Pietta schwingt sich zum Top-Scorer der Liga auf und Berlins deutsches Quintett Ustorf, Mulock, Braun, Felski und Olver schießt den Meister zu zwei Siegen über Wolfsburg und Ingolstadt.

Täuscht dieser Eindruck oder steht die DEL tatsächlich vor einer neuen deutschen Welle? Übernehmen wirklich immer mehr einheimische Profis Aufgaben und Rollen in ihren Teams, die seit den neunziger Jahren noch fast ausschließlich den Ausländern vorbehalten waren?

DEL – die perfekte Bühne?

Auf den ersten Blick wirkt Deutschlands höchste Eishockey-Liga wie die perfekte Bühne für einheimische Profis. Mit über 60 Prozent ist ihr Anteil so hoch wie in keiner anderen Liga der großen Mannschaftssportarten hierzulande. Doch auch wenn sich die DEL selbst immer gerne dieser Zahl rühmt, ist daran, ganz nüchtern betrachtet, so einiges geschönt.

Viele der Spieler mit deutschem Pass sind eingebürgert, in keiner andern Sportart ist diese Praktik so beliebt wie im deutschen Eishockey. Was in den 80er Jahren Hochkonjunktur hatte, wird auch heute noch von den Klubs praktiziert. Die enormen Kadergrößen im Eishockey und die Beschränkung auf zehn Ausländer pro Mannschaft hat die Zahl der Spieler mit deutscher Staatsangehörigkeit in die Höhe getrieben. Die große Masse kam bislang jedoch über die Rolle des Kader-Auffüllers kaum hinaus.

So befinden sich auch in dieser Saison unter den 100 besten Scorern gerade mal ein Drittel mit deutschem Pass. Vier von ihnen sind zudem auch noch eingebürgert. Aber – und das ist das Erfreuliche – die Zahl der deutschen Punktesammler hat damit seit vielen Jahren einen neuen Höchststand erreicht. Vergangene Spielzeit waren am Ende der Hauptrunde 29 Deutsche unter den Top 100, derzeit sind es 36.

Die Besten aus Deutschland

Eine andere Statistik wirkt aus deutscher Sicht noch erfreulicher. Bei der Hälfte aller DEL-Clubs führt ein einheimischer Spieler die interne Scorerliste an. Auch wenn in den meisten Teams die Ausländer noch dominierende Rollen einnehmen, die Deutschen sind auf dem besten Weg ihnen zunehmend diesen Rang streitig zu machen. Der beste Scorer (Daniel Pietta aus Krefeld), der beste Torschütze (Patrick Reimer aus Düsseldorf) und der beste Torhüter der Liga (Youri Ziffzer aus Köln) stammen zurzeit allesamt aus der Bundesrepublik.

Ab der kommenden Saison müssen die Mannschaften dann sogar auf einen weiteren ausländischen Profi verzichten. Denn ab Sommer 2012 dürfen die DEL-Klubs nur noch neun statt der bisher zehn Ausländer einsetzen. Die aktuelle Regel haben derzeit zehn der 14 Teams ausgereizt, sprich alle Kontingentstellen vergeben. Ein Indiz dafür, dass die Vereine sich noch nicht so Recht trauen, die Last vermehrt auf die Schultern deutschen Profis zu legen.

"Ich würde mir wünschen, dass die DEL in den nächsten Jahren zwei bis drei weitere Ausländerstellen abbaut", sagt der neue Bundestrainer Jakob Kölliker. "Das würde dem Nationalteam sicherlich helfen." Eishockey-Legende und DEB-Vizepräsident Eric Kühnhackl sieht das ähnlich: "In den nächsten fünf Jahren sollten wir die Anzahl der Ausländer auf fünf bis sechs reduzieren."

Veränderungen "mit Maߓ

Die Bundestrainer der vergangenen Jahre pochten stets auf eine Verringerung der Quote, egal ob sie nun Zach, Krupp oder Kölliker heißen. Doch nicht alle sehnen einen weiteren Abbau der Ausländerstellen herbei. Nur noch mit fünf Ausländern in der DEL aufzulaufen, ist nach Aussage vieler DEL-Manager zumindest kurz- bis mittelfristig schwer umsetzbar.

"Natürlich wollen auch wir die Ausländerplätze reduzieren“, sagt DEL-Aufsichtsratchef Jürgen Arnold, "aber mit Maß.“ Die neue Regelung zur kommenden Saison sei ein "deutlicher Akzent“, so Arnold. Eine weitere Reduzierung ginge aber nur, wenn genug deutsche Spieler da wären.

Doch gibt es die? Eine Reihe von ihnen fristet in der DEL ein trauriges Reservistendasein und bekommt nur sporadische Eiszeit. Zum einen fehlt das Vertrauen in die Profis, zum anderen lässt eine Vielzahl von Spielern aber auch schlichtweg die Klasse vermissen, in der DEL zu bestehen.

Ein Blick in die Kader der Zweitligisten verrät, dass auch im Unterhaus deutsche Spieler mit DEL-Niveau rar gesät sind. Unter den 20 besten Scorern der 2. Liga befinden sich gar nur drei gebürtige Deutsche. Heilbronns Fabio Carciola gehört zu den besten Punktesammlern der Liga. Der Kasseler spielte schon in der DEL für seine Heimatstadt, Düsseldorf und Mannheim. Er kam über eine Rolle in Reihe drei oder vier nie hinaus.

"Auf die deutsche Karte setzen“

Die Reduzierung der Ausländerstellen - ein zweischneidiges Schwert. Um die entstehenden Lücken zu füllen, werden womöglich deutsche Spieler in die Kader der DEL-Teams geschwemmt, die dort, wie viele ihrer Kollegen heute bereits, nur Chancen auf Kurzeinsätze hätten. Vielen Talente könnte dadurch die Möglichkeit geraubt werden, in den unteren Ligen Eiszeit und Erfahrung zu sammeln, um so zur Erstliga-Tauglichkeit heranzureifen. Zudem ist die Absenkung der Zahl der Ausländer ein Preistreiber. "Der Markt für deutsche Profis ist hart umkämpft“, sagt Hamburgs Sportdirektor Stephané Richer, der kürzlich mit drei seiner wichtigsten (Schubert, Flaake und Festerling) verlängern konnte. "Alle hatten zahlreiche Angebote von anderen Clubs.“ Ein Ausländer gleicher Klasse ist deutlich billiger zu haben als sein deutscher Kontrahent.

Doch Richer hat in Hamburg schon jetzt die Erfahrung gemacht, wie sehr es sich auszahlen kann, auf deutsches Personal zu setzen. In der Kaderplanung für diese Saison legten die Verantwortlichen der Freezers erstmals in der neunjährigen Clubgeschichte großes Augenmerk auf die Verpflichtung einheimischer Profis. Mit Wolf, Flaake und Festerling spielt eine deutsche Reihe die womöglich wichtigste Rolle im Hamburger Erfolgsteam. "Wir wollen auch in Zukunft auf die deutsche Karte setzen“ sagt Richer. Viele seiner Kollege werden dies über kurz oder lang wohl auch tun müssen.

Daniel Pietzker

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