Der Knoten ist geplatzt, der deutsche Rückraum mit Holger Glandorf an der Spitze trifft wieder: Pünktlich zum Auftakt der Hauptrunde bei der Handball-Europameisterschaft haben der Nordhorner und sein linker Partner Pascal Hens ihr Wurfpech überwunden. Im brisanten Spiel gegen Frankreich werden die Treffer des deutschen Rückraums dringend benötigt. Ohne die Zielgenauigkeit von Glandorf und Hens würden die Karten gegen den Mit-Favoriten bedeutend schlechter stehen. Besondere Brisanz besitzt die Partie auch deshalb, weil der französische Nationaltrainer Claude Onesta nach der hauchdünnen Niederlage gegen Deutschland bei der WM im vergangenen Jahr von einer "deutschen Mafia" gesprochen hatte. Da können Tore eine beruhigende Wirkung haben.
"Ich bin natürlich erleichtert. Endlich gingen die Würfe mal rein, die vorher mit Pech an den Innenpfosten gegangen und wieder rausgesprungen sind", sagte Glandorf nach dem 35:27-Sieg am Dienstag in Trondheim gegen Island.Neun Treffer bei zwölf Versuchen belegen die zurückgewonnene Treffsicherheit. Und auch der Hamburger Hens steigerte sich und verbuchte mit fünf Toren aus neun Würfen seine beste Quote. "Es war ja nicht so, dass sie das verlernt haben. Pascal Hens macht ja das gleiche, was er sonst auch immer macht. Nur hier wirft er sie nicht rein", sagte Kapitän Markus Baur. Der Lemgoer Spielmacher übte im gleichen Atemzug aber auch Selbstkritik. "Vielleicht war es ja auch so, dass wir ihnen nicht immer die richtige Hilfestellung gegeben haben", sagte der 37-jährige Stratege.
Wurfpech war zum Haareraufen
Das Wurfpech der deutschen Rückraum-Asse in der Vorrunde in Bergen war mitunter zum Haareraufen. Zahlreiche Latten- und Pfostentreffer zehrten an den Nerven der Spieler. "Neuer Ort, neues Glück. Das sind die Tore, die uns bisher gefehlt haben", meinte der Hamburger erleichtert, dass es in Trondheim besser anlief. "Er hat auch zwei sensationelle Dinger gemacht, als er die Würfe noch gezogen hat", lobte Bundestrainer Heiner Brand den langen Spieler mit der Irokesen- Frisur, "er wird aber auch viel gefoult, ohne dass gepfiffen wird."
"Wir haben uns vorgenommen, mit mehr Dampf zu kommen. Und das hat geklappt. Ich weiß, dass ich besser spielen könnte als in der Hauptrunde. Ich hoffe, dass ich auf dieser Leistung aufbauen kann", sagte Glandorf. Wie wichtig der Rückraumspieler ist, hat er schon bei der Heim-WM im Vorjahr gezeigt, bei der er den internationalen Durchbruch schaffte. Mit der ihm eigenen Dynamik strahlt er nicht nur Torgefährlichkeit aus, sondern kann auch die ganze Mannschaft mitreißen.
Glandorf erlitt schweren Schicksalsschlag
Dass der gerade erst 24 Jahre alte Schlaks überhaupt bei der EM ist, nötigt Respekt ab. Denn Ende vorigen Jahres hatte er einen harten Schicksalschlag zu verkraften, als sein Vater am Silvestertag starb. Wegen des Todesfalles und der Beisetzung am ersten Januar- Wochenende war Glandorf verspätet in die EM-Vorbereitung eingestiegen und hatte auf die ersten Länderspiele gegen Montenegro verzichtet.
"Das macht mir keine Probleme. Es stärken einem alle den Rücken", sagte Glandorf äußerlich sehr gefasst, "ich gehe gestärkt daraus hervor." Schon zeitig hatte er seine Einsatzbereitschaft für die EM signalisiert. "Das war der Wunsch meines Vaters. Ich weiß, dass er mich unterstützt hätte", unterstrich der Nordhorner in Trondheim erneut.