Maske-Comeback Tapsig wie Knut, schwächer als Raab

Von Klaus Bellstedt, München
Über 12.000 Fans waren gekommen, um sich den von RTL im Vorfeld bis ins Unerträgliche hochgejazzten Comeback-Fight von Henry Maske anzuschauen. Was sie geboten bekamen, war besseres "Kirmesboxen". Maske gewann die Farce. Was bleibt ist ein bitterer Beigeschmack.

"The impossible dream" trällerte Sarah Connor um kurz vor 23 Uhr ins Ringmikrofon, es sollte die perfekte Einstimmung für den Comeback-Kampf des einstigen deutschen Vorzeigeboxers Henry Maske sein. Der Song klang zwar nicht so schräg wie das unvergessliche "Brüh im Lichte" derselben Künstlerin bei der Einweihung der Münchener Allianz-Arena, dafür förderte der Schmachtfetzen allerdings das Einschlafgefühl. Von aufrüttelnder Wirkung war jedenfalls nicht viel zu spüren - schon gar nicht bei den beiden in die Jahre gekommenen Kämpfern.

Natürlich war das Getöse groß als Maske erstmals nach zehn Jahren das Ringgeviert wieder betrat. Der Deutsche braucht schließlich Helden, neue oder vielleicht auch alte Helden. Von denen gibt es hierzulande nicht allzu viele. Aber Maske taugt nicht (mehr) zum Held. Weil er keiner sein will. Es schien ihm fast peinlich zu sein, vor der Masse Mensch sein Comeback zu geben. Schüchtern und gehemmt grüßte er nur mit einer Hand in die Arena. Dieser Mann wollte nur seine Arbeit verrichten. Er hatte ja noch etwas gutzumachen. Hatte er das wirklich?

Nichtangriffspakt mit Fettverbrennung

Was folgte, hatten viele vorausgeahnt: Die Protagonisten lieferten sich einen Schlagabtausch ohne Schläge. Keine Aktionen, keine Treffer, nur defensives Taktieren. Langeweile pur, selbst Stefan Raab hatte bei seinem Klamauk-Kampf knapp 24 Stunden zuvor gegen Regina Halmich eine mutigere Vorstellung abgeliefert. Aber konnte man überhaupt mehr von Henry Maske erwarten? War die Leistung für einen, der mittlerweile hauptberuflich vier Mc Donald's Filialen managt, nicht mehr als beachtlich? Das war sie, weil Maske genau wie früher fast schon brillant seine Stärken einsetzte: Taktik und Disziplin.

Dass das alles in einem unansehnlichen Nichtangriffspakt endete, damit war zu rechnen. Maske wusste, dass er gute Chancen auf den Sieg haben würde, wenn er die volle Distanz über 12 Runden gehen könnte. Diese Runden galt es zu überstehen. Das Vorhaben gelang, weil sich beide Kämpfer im Ring so gut es eben ging voreinander versteckten. Ein Vorwurf, den sich vor allem auch der Weltmeister gefallen lassen muss. Virgil Hill enttäuschte auf der ganzen Linie. Er tänzelte zwar unablässig wie ein Hampelmann um Maske herum und vermittelte so den Eindruck, topfit zu sein. Aber was nützt die beste Fitness, wenn der unbedingte Wille vollkommen abhanden gekommen zu sein scheint. Für einen Boxer im Duell Mann gegen Mann eigentlich ein sicheres "Todesurteil". Nicht so, wenn der Gegner Henry Maske heißt.

So zog sich der Fight wie ein zähes Kaugummi, bis Virgil Hill durch einen vermutlich unabsichtlichen Kopfstoß seines Kontrahenten in Runde acht einen Cut über der linken Augenbraue davontrug. Ein Cut, der Hill (Kampfname "Quicksilver") am Ende vermutlich den sicher geglaubten Sieg kostete - nicht mehr, nicht weniger. Vielleicht sogar mehr...

Kurz vor Schluss pfiffen die ersten Fans in der Olympiahalle. Der Nichtangriffspakt mit Fettverbrennung machte so manchen ärgerlich. Also gut, dachte sich Henry Maske und schwang sich zu einer Art Endspurt im Schneckenrennen auf. Die Leute sollten ihn doch in guter Erinnerung behalten. Zwei, drei Aktionen folgten in den letzten beiden Runden. Wahrlich keine harten Treffer, die gab es über die volle Distanz eigentlich überhaupt nicht. Aber sie genügten, um das bemitleidenswerte Publikum von den Sitzen zu reißen. Bei den Punktrichtern muss dieser Stimmungsumschwung Wirkung gezeigt haben. Ihr klares Vorum für Maske sorgte bei den Experten jedenfalls durchweg für Kopfschütteln.

Schluss, Aus, vorbei: Am Ende verließ Henry Maske unter dem höflichen aber keinesfalls tosenden Applaus als Sieger dieser Mogelpackung des Boxsports die Halle. Wie sagte doch Manfred Wolke, Maskes reaktivierter Trainer, in der anschließenden Pressekonferenz: "Das war heute ein Lehrbeispiel dafür, wie man Boxen zu einer Kopfsportart machen kann" - ein trauriges und irgendwie entwaffnendes Fazit dieses Abends. Echte Boxfreunde waren bedrückt, sonst allerdings niemand. Alle waren sie glücklich, wirklich alle. Vor allem die Kämpfer.

Gerüchte und kein Ende

Henry Maske, weil er sich für die letzte Niederlage vor zehn Jahren gegen Hill revanchieren konnte und bei seinem Comeback nicht wie Axel Schulz böse vermöbelt wurde. Und auch Virgil Hill, der zwar eine Niederlage kassieren musste, seinen Weltmeister-Titel aber dennoch behält, weil der Kampf in der Olympiahalle eben kein offizieller WM-Fight war. Und es gibt noch einen Grund, warum der Amerikaner trotz Cut und trotz der Pleite auf der Pressekonferenz permanent strahlte. Es ist die Hoffnung auf einen dritten Kampf zwischen den beiden Box-Opas. Hill bat noch in der Stunde seiner Niederlage Maske eben um genau diesen Kampf. Der "Gentleman" schüttelte zwar den Kopf und schloss ein erneutes Kräftemessen kategorisch aus. Richtig glauben, mochte ihm niemand im Saal.

Und auf einmal kochten sie wieder hoch, die Gerüchte. Die Gerüchte, dass der Amerikaner diese Niederlage vielleicht schon im Vorfeld einkalkuliert hatte. In der Hoffnung auf eine erneute Millionenbörse. Die würde Henry Maske sicher auch ganz gerne kassieren. Für den sowieso schon in Verruf geratenen Boxsport wäre ein dritter Kampf zwischen diesen beiden tapsigen und schwächlichen Kämpfern allerdings der endgültige Exitus. Aber wen interessiert das eigentlich noch?

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