Magdalena Neuner lag erst erschöpft im Ziel, dann ließ sich die 21 Jahre alte Wallgauer Skijägerin für ihre fünfte Goldmedaille bei Biathlon-Weltmeisterschaften feiern. Zuvor hatten bereits die deutschen Männer frustriert und mit Wut im Bauch nach den neuen Doping-Gerüchten Platz drei in der Staffel-Konkurrenz über 4 x 7,5 Kilometer erkämpft. Im Massenstartrennen über 12,5 Kilometer konnte sich die laufstarke Bayerin sogar vier Strafrunden leisten und beherrschte trotzdem die komplette Weltelite. Platz zwei ging vor der Östersunder Rekordkulissen von 27 300 Zuschauern mit drei Sekunden Rückstand an die kampfstarke Norwegerin Tora Berger, die nur eine der 20 Scheiben verfehlt hatte. Die Bronzemedaille sicherte sich 29,5 Sekunden hinter Neuner die Russin Jekaterina Jurjewa.
"Ich bin überglücklich", jubelte die "Sportlerin des Jahres". Sie war läuferisch wieder eine Klasse für sich und hatte mit fehlerfreiem Liegendschießen die Grundlage zum Erfolg gelegt. Stehend verfehlte sie zweimal je zwei Scheiben und musste danach auf der Schlussrunde Berger kurzzeitig die Führung überlassen. "Ich bin noch nie eine so harte Schlussrunde gelaufen. Ich dachte, ich sterbe", berichtete sie. Beim Schießen habe sie sich den Rat der Trainer zu Herzen genommen und nicht ans Schießen gedacht.
Brutal gut auf dem Ski
Bundestrainer Uwe Müssiggang bekräftigte seine Hochachtung vor dem Jungstar. "Sie steht brutal gut auf dem Ski, kann so ihre Kraft optimal umsetzen", schätzte er ein. Martina Glagow (Mittenwald) hatte mit drei "Fahrkarten" beim ersten Schießen bereits alle Medaillenchancen eingebüßt, kämpfte sich aber noch auf Rang sechs. Drittbeste Deutsche war Kati Wilhelm (Zella-Mehlis) mit vier Strafrunden auf Platz acht. Weltcup-Spitzenreiterin Andrea Henkel (Großbreitenbach) heulte dagegen nach ungewohnten acht Strafrunden und nur dem 22. Platz wie ein Schlosshund. "Es geht eben nicht alles spurlos an einem vorbei, auch wenn man unschuldig ist", sagte die Thüringerin zu den erneuten Doping-Vorwürfen.
Das deutsche Männer-Quartett lag am im Ziel deutliche 1:42,5 Minuten hinter dem erfolgreichen Titelverteidiger Russland und 53,3 Sekunden hinter Norwegen. "Das war ein dritter Platz mit Gold- Charakter. Wir haben am Freitagabend von den Anschuldigungen erfahren und waren geschockt", sagte Startläufer Michael Rösch, der einmal in die Strafrunde musste. Vor allem der an Position zwei bärenstarke Alexander Wolf stellte die Weichen zum Medaillen-Gewinn. Nach einer schwachen Runde mit ebenfalls 150 Zusatzmetern von Andreas Birnbacher rettete Michael Greis den schwer erkämpften dritten Platz.
Fast zum tragischen Helden geworden
Der dreimalige Olympiasieger überholte 1,7 Kilometer vor dem Ziel den österreichischen Schlussläufer Christoph Sumann, hatte bereits 20 Meter Vorsprung und nahm auf den letzten 50 Meter zu viel Tempo raus. Sumann kam noch bis auf vier Zehntelsekunden ran. "Da wäre ich ja fast zum tragischen Helden geworden. Ich hatte mich umgeschaut und war mir eigentlich sicher, dass Sumann geschlagen war", berichtete der dreimalige Olympiasieger, nachdem er sich von der Last seiner drei Staffelkameraden befreit hatte, die sich auf Greis stürzten. "Die waren schwer und ich total blau", meinte der Nesselwanger.
"Brutal feige" fand es Rösch, dass die Anzeige in Österreich anonym erfolgt sei. "Wir haben nichts getan. Das Team wird alles tun, um zu zeigen, dass wir sauber sind", sagte er. "Wir werden Anzeige gegen Unbekannt wegen Verleumdung stellen und auch alle weiteren rechtlichen Schritte unternehmen, die uns möglich sind", kündigte DSV-Pressesprecher Stefan Schwarzbach an.
Bundestrainer lobt Wolf
Bundestrainer Frank Ullrich lobte ausdrücklich den "unheimlich gereiften" Alexander Wolf. "Die anderen haben bei der schwer erkämpften Medaille heute nicht das gezeigt, was sie eigentlich können. Doch angesichts der Unruhe und dem ganzen Schlamassel im Vorfeld will ich dafür keinen kritisieren", sagte er. Die Athleten seien sauber, und er stehe hinter dieser Mannschaft. "Ich lege nicht nur eine Hand, sondern beide Hände für diese Truppe ins Feuer", betonte der Erfolgs-Coach der deutschen Skijäger.