Beim Einzug ins Endspiel des mit 2,45 Millionen Dollar dotierten Masters wollte es sich der beste deutsche Tennisprofi wegen der ungewöhnlich frühen Aufschlagzeit (09.30 Uhr) vorher mit selbst gebackenem Kirschkuchen und Kaffee auf dem Platz schmecken lassen und damit seinen Unmut zum Ausdruck bringen. Doch am Samstag öffneten sich über der kalifornischen Wüste die Himmelsschleusen, woraufhin die Fortsetzung des Halbfinals zwischen Schüttler und Gustavo Kuerten (Brasilien) um einen Tag verschoben werden musste. Zum Zeitpunkt des Abbruchs stand es aus Sicht des aufschlagenden Südamerikaners 6:2, 0:1 (0:30).
Finalgegner steht schon fest
Im Finale stand da schon Titelverteidiger Lleyton Hewitt. Der vor zwei Tagen als Australiens Sportler des Jahres gekürte Weltmeister hatte sich im ersten Semifinale gegen den Qualifikanten Vincent Spadea (USA) mit 7:6 (7:5), 6:1 durchgesetzt. In das Finale des gleichzeitig ausgetragenen WTA-Turniers (2,1 Millionen Dollar) zogen die topgesetzte Belgierin Kim Clijsters und Lindsay Davenport (USA/4) ein.
Nach über fünf Stunden Warten verschoben
Fünf Stunden und 20 Minuten harrten Schüttler und Kuerten in den Katakomben des Stadions mit Essen, Lesen, Telefonieren und E- Mailschreiben aus, ehe ihnen die Verschiebung mitgeteilt wurde. «Schade», bemerkte Schüttler enttäuscht, packte seine Sachen und ließ sich zum Hotel chauffieren. Schade deshalb, weil der Australian-Open-Finalist im zweiten Satz seinen Rhythmus gefunden zu haben schien. «Ich kam gerade in Schwung und war guten Mutes, das Spiel zu drehen», sagte Schüttler, bei dem im ersten Satz nichts zusammengelaufen war. Der Witterungsumschwung hatte den Sonnen-Liebhaber in seinem ersten Masters-Halbfinale schon zu Beginn konfus gemacht.
Kritik an Spieleröffnung
«Das Spiel hätte gar nicht eröffnet werden dürfen», meinte Schüttler. Kuerten und er hatten den Hauptschiedsrichter gebeten, das Duell wegen leichten Nieselregens nicht freizugeben - was der Referee ignorierte. Schüttler, der mit einem Sieg gegen Kuerten die Nummer eins der ATP-Champions Race werden würde, begann das Match dann auch mit der sang- und klanglosen Abgabe des Aufschlagsspiels. Anschließend wurde die Partie das erste Mal für eine knappe halbe Stunde unterbrochen. Danach glückte Schüttler sofort das Rebreak, doch zur gewohnten Sicherheit fand der Hesse nicht. Vielmehr verlor er auch noch seine beiden nächsten Aufschlagsspiele, so dass der dreifache French-Open-Gewinner problemlos zum Satzgewinn kam.
Ausgezeichnete Form
In welch brillanter Form sich Schüttler befindet, bewies der Dauerläufer im Viertelfinale. In der Neuauflage des Halbfinals der Australian Open fegte er US-Jungstar Andy Roddick in 59 Minuten mit 6:3, 6:2 vom Center Court hat. «Er kam ganz locker auf den Platz und spielte viel, viel besser als ich», stellte Roddick nach seiner zweiten Niederlage gegen Schüttler binnen sieben Wochen frustriert fest. Der 21 Jahre alte Weltranglisten-Sechste besaß erneut nicht die Spur einer Chance, trotz seiner «Kanonen-Aufschläge», die mit einer Geschwindigkeit von bis zu 236 km/h übers Netz geschossen kamen.