In der Rolle als Krisenmanager gefällt sich der Kanzler am besten. Dabei präsentiert sich Gerhard Schröder derzeit weniger als Lenker seines krisengeschüttelten Kabinetts und der zerstrittenen rot-grünen Koalition. Vielmehr will er der Wirtschaft die Marschrichtung vorgeben und so die Deutschland AG wieder einmal aus der Krise führen. Seine Macherqualitäten demonstriert Schröder diesmal in dem stets um Diskretion bemühten Kreditgewerbe. Willkommener Anlass für die neue Rolle als "Banken-Kanzler" sind die Veräußerungspläne für die Postbank, bei der der Bund als Großaktionär des Mutterkonzerns Deutsche Post ein wichtiges Wort mitreden kann.
Schröder will starkes Geldhaus
Nach der Schlappe in Sachen nationaler Industriepolitik und globaler Champion im Zuge der deutsch-französischen Pharmafusion Aventis/Sanofi soll nun ein Ausverkauf des deutschen Bankensektors verhindert werden. Die unmissverständlichste Warnung Schröders kam in der vergangenen Woche. Ungewohnt deutlich mahnte er die privaten Banken, rasch zusammenzurücken. Im Klartext: Wenigstens eine Bank von Weltformat muss her und ein Institut, das zumindest in Europa vorne mitspielt. Just am selben Tag kamen Gerüchte auf, der nationale Branchenprimus Deutsche Bank wolle die Postbank kaufen - und die Bundesregierung bevorzuge einen solchen Deal statt eines Börsengangs.
Von einem Sinneswandel will man in Berlin offiziell nichts wissen. Nach außen mimt die Bundesregierung den Anteilseigner, der sich ins operative Geschäft nicht einmischt. Schröder sehe seine Rolle als "aufmerksamer Beobachter", heißt es. Er werde informiert. Der Kanzler führe freilich Gespräche - auch mit Vertretern des Bankengewerbes.
Verkaufserlöse sollen im Unternehmen bleiben
Aber: "Alle Lösungen werden durch die unmittelbar Beteiligten herbeigeführt und nicht durch den Bundeskanzler gesteuert oder gar gelenkt", wird zu Protokoll gegeben. Und Milliardenerlöse, so betont der hoch verschuldete Bund, würden im Unternehmen verbleiben. So sei es beschlossen. Angeblich war Berlin der zuletzt gebotene Kaufpreis zu niedrig. Bei einem Börsengang könnte der Bund allenfalls eine Sonderausschüttung über eine höhere Post-Dividende einstreichen.
Tatsache ist, dass der Bund die Mehrheit der Post-Aktien hält und damit kaum nur ein Beobachter ist. Allerdings ist das Trauerspiel um die Ablösung von Ex-Telekom-Chef Ron Sommer, bei der der Bund als Aktionär eines börsennotierten Unternehmens alles andere als eine gute Figur abgab, noch zu gegenwärtig. Post-Chef Klaus Zumwinkel hat sich mehrfach klar für einen Postbank-Börsengang und zur Verwendung der Erlöse geäußert. Eine Regierung, die gegen den Vorstand eines Dax-Unternehmens arbeitet, wäre kein gutes Signal für die Märkte.
Gespräche hinter den Kulissen
Hinter den Kulissen laufen aber seit längerem Gespräche mit dem Kreditgewerbe. Bereits vor mehr als einem Jahr kamen Schröder und die Chefs der Großbanken zu einem, natürlich nicht Krisengipfel genannten Treffen zusammen. Damals ging es darum, wie die Not leidende Branche Kreditrisiken über die staatliche KfW-Gruppe loswird. Inzwischen geht es den Geldhäusern zwar besser. Aber die wenigsten Top-Institute spielen in der internationalen Champions League mit.
In der Regierung gibt es seit Monaten Stimmen, die sich für Fusionen auch zwischen privaten Banken, Genossenschaftsbanken und Sparkassen stark machen. Nicht nur in kleiner Runde wird gemahnt, andere Länder seien weiter. Zeitweise galt selbst ein ausländischer Investor als Alternative - Hauptsache, der deutsche Finanzplatz und die Kreditvergabe an den Mittelstand werden nicht geschwächt. Das letzte Wort ist in Frankfurt/Main, Bonn und Berlin noch nicht gesprochen. Mehrere Optionen - etwa Börsengang und Verkauf - sind möglich. Der Ball liegt bei der Post - und ihren Aktionären.