Lieferdienst Delivery Hero: Größter Kurssturz seit Wirecard – Finanzaufsicht ermittelt

Das Logo von Delivery Hero an der Tür der Zentrale
Für Delivery Hero war es eine rabenschwarze Woche. Der Aktienkurs stürzte um mehr als 30 Prozent ab. Nun ermittelt auch die Bafin.
© Britta Pedersen / DPA
Schon die Aufnahme von Delivery Hero in den Dax sorgte für viel Kritik. Am Freitag brach der Aktienwert des Lieferdienstes um 30 Prozent ein. Nun ermittelt auch die Bankenaufsicht Bafin.

Nach dem Ausverkauf am Vortag sind die Aktien des Essenslieferdienstes Delivery Hero am Freitag erneut unter Druck geraten. Immer mehr Anleger verlieren offenbar das Vertrauen in die Perspektiven des Dax-Konzerns. Mit einem Minus bis zu 13 Prozent ging es in Richtung der Marke von 40 Euro. In zwei Handelstagen haben die Titel fast 40 Prozent eingebüßt.

Delivery Hero: Aktie bricht um mehr als 30 Prozent ein

Ein enttäuschender Ausblick hatte die Anleger am Donnerstag ernüchtert. Das Minus von gut 30 Prozent war in der Geschichte des Dax einer der größten prozentualen Tagesverluste. Das Börsenumfeld gebe keinen Spielraum für Fehler, schrieb Analyst Manuel Mühl von der DZ Bank. Der Konzern müsse einen klaren Pfad zur Profitabilität aufzeigen und das Vertrauen zurückgewinnen. Analyst Adrien de Saint Hilaire von der Bank of America gab sich pessimistisch. Er habe das Vertrauen in die operative Gewinnentwicklung von Delivery Hero verloren, schrieb er. 

Etliche Analysten senkten am Freitag ihre Kursziele, liegen damit aber teils immer noch erheblich über dem aktuellen Kurs. Goldman Sachs etwa errechnete ein Kursziel von 130 Euro. Bei Kursen von gut 40 Euro sind diese Ziele eigentlich klare Kaufempfehlungen.

Dieser Einschätzung mochten sich Anleger vor dem Wochenende nicht anschließen. Denn die Expansionspläne des Unternehmens und die damit verbundenen Ausgaben zwingen die Marktbeobachter dazu, ihre Schätzungen kräftig nach unten anzupassen, wie Experte Mühl erläuterte. Er sieht den fairen Wert bei 50 Euro und empfiehlt, die Papiere zu halten. Nach dem jüngsten Ausverkauf spiegele der Kurs die Risiken angemessen wider.

Bafin überprüft den Kurssturz

Wie die "Wirtschaftswoche" berichtete, überprüft die Finanzaufsichtsbehörde Bafin den Kurssturz der Delivery-Hero-Aktie. Das teilte eine Sprecherin der Bafin am Freitag mit.

"Wir schauen uns das Handelsgeschehen routinemäßig an, das umfasst auch mögliche Verstöße gegen Transparenzpflichten", teilte die Bafin-Sprecherin mit. Delivery Hero wollte sich auf Anfrage der "Wirtschaftswoche" nicht dazu äußern. 

Nach dem jüngsten Ausverkauf bringt es Delivery Hero an der Börse nur noch auf einen Wert von etwas mehr als 10 Milliarden Euro. Blickt man auf die frei handelbaren Aktien, ergibt sich ein Wert des Streubesitzes, der für die Dax-Mitgliedschaft relevant ist, von weniger als 7 Milliarden Euro. Damit droht dem Unternehmen im März der Abstieg in den MDax. So könnte Daimler Truck in den Leitindex aufsteigen.

Beim Aufstieg von Delivery Hero in die erste Börsenliga im Sommer 2020, als das Unternehmen den Zahlungsabwickler Wirecard ersetzte, kritisierten viele Experten den Schritt. Denn der Lieferkonzern hatte im laufenden Geschäft seit der Gründung 2011 noch nie einen Gewinn erzielt. Auf Basis der aktuellen Regeln der Deutschen Börse würde Delivery Hero nicht mehr in den Dax aufsteigen könnten. Dafür muss ein Kandidat zwei Jahre in Folge einen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen erzielt haben.

DPA · AFP
pgo

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