
Eigentlich ist das Gesundheitssystem ausreichend finanziert, aber solche Strukturen machen es teuer und ineffizient.
Alltag in einem deutschen Pflegeheim, ein reales Beispiel: Eine Frau von über 90 kann seit einem Schlaganfall vor 17 Jahren nicht sprechen, trotzdem ordnet der neue Hausarzt beim Heimbesuch Logopädie an. Obwohl seit langer Zeit klar ist, dass diese Therapie ihr nicht hilft. Die zuständige Altenpflegerin kennt die Patientin schon lange, sie hält das für sinnlos. Doch der Arzt, der die Frau nur einmal pro Monat sieht, verschreibt die Logopädie trotzdem.
Viel Fachkompetenz, wenig Befugnis
''Die Pflege in Deutschland hat ganz viel Fachkompetenz, aber oft nicht die nötige Befugnis'', sagt Christa Olbrich, Professorin für Pflegewissenschaften, im stern-Podcast ''Die Boss – Macht ist weiblich'' mit Multi-Aufsichtsrätin Simone Menne. Das habe nicht nur menschliche, sondern auch finanzielle Folgen: ''Eigentlich ist das Gesundheitssystem ausreichend finanziert, aber solche Strukturen machen es teuer und ineffizient.'' Etwa wenn von Medizinern eine wirkungslose Therapie angeordnet werde.
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Nach vielen Jahrzehnten Berufserfahrung, eigener Forschung und Lehre kann die Pflegeexpertin genau sagen, wo es hakt im Zusammenspiel mit der Medizin – und hat Ideen, wie man das System menschenfreundlicher und zugleich günstiger machen könnte. Weil Menschen in Pflegeberufen mit ihrem ganzheitlichen Blick oft klarer einschätzen, was ein Patient braucht. Ein wegweisendes System hat Christa Olbrich in Schottland kennen gelernt, wie sie im Podcast erzählt.
Aber auch Technik könnte mehr Effizienz in die Pflege bringen, sagt Olbrich: ''KI kann sie nicht ersetzen, aber sehr wohl unterstützen.'' Die Tools könnten eine ganze Reihe von Routineaufgaben übernehmen – darunter auch einige Tätigkeiten mit einem verblüffend menschlichen Touch. Am Ende bliebe mehr Zeit für die Beziehung, Gespräche, Unterstützung und Prävention.
Die Forderung: Fachkräfte sollten endlich mit Ärzten auf Augenhöhe sein
Christa Olbrich weiß, wovon sie spricht, vielleicht mehr als jede andere in Deutschland: Ihr beeindruckender Lebensweg von der Hilfsschwester mit Volksschulabschluss zur Professorin und Erfinderin neuartiger Studiengänge macht sie zur Pflegeexpertin auf vielen Ebenen. Selbstbewusst fordert sie: Fachkräfte sollten endlich auf Augenhöhe sein mit Ärztinnen und Ärzten, und sich nicht in einer dienenden Position klein machen.
Wenn auch Sie sich fragen, wie man Pflege anders organisieren könnte, warum ein Smartspeaker mehr mit Gesundheit zu tun haben kann als ein Blutdruckmedikament und ob uns künftig Roboter waschen werden, wenn wir es selbst nicht mehr können, abonnieren Sie einfach den Podcast und verpassen Sie auch künftig keine Folge mehr. Unser großes Thema für 2025 lautet ''Change'' - persönlich, politisch, gesellschaftlich.
Bei "Die Boss – Macht ist weiblich" sprechen Spitzenfrauen unter sich: Gastgeberin und Multi-Aufsichtsrätin Simone Menne (unter anderem Siemens Energy und Henkel) trifft Chefinnen aus allen Gesellschaftsbereichen, um mit ihnen über ihr Leben und ihre Karriere zu reden. "Die Boss" erscheint vierzehntäglich immer mittwochs auf stern.de sowie auf RTL+ und allen gängigen Podcast-Plattformen.
Hinweis der Redaktion: Der stern gehört zu RTL Deutschland.