ANALYSE Frühjahrskur fürs Aktiendepot

Das Aufräumen nach dem Blues: Kein schlechter Zeitpunkt um wieder ins Aktiengeschehen einzusteigen, aber man muss auch jetzt das Risiko beachten.

Das Schlimmste scheint an der Börse überstanden. Nach den relativ positiven Wachstumsvorhersagen für Amerika keimt auch in Deutschland wieder Hoffnung auf. So mancher mutige Kleinanleger hat sich längst wieder neu mit Aktien oder Fonds eingedeckt. Die große Masse der Enttäuschten mit »ausgebombten« Depots dagegen hat entweder die Nase voll vom Auf und Ab - oder wartet weiter wie bisher schicksalsergeben auf bessere Zeiten. Dabei wäre es gerade »jetzt kein schlechter Zeitpunkt einzusteigen«, ist Finanzexperte Peter Grieble von der Verbraucherzentrale Stuttgart fest überzeugt.

Ausmisten ist angesagt

Die Zeichen für Erholung stehen gut, »auch wenn die Kurve nicht gleich wie wild nach oben gehen wird«, so Griebles Einschätzung. Ist nicht genug Geld oder Mut da für einen neuen Anlauf, sollten sich die Anleger wenigstens einer gründlichen Frühjahrskur fürs Depot widmen. Jetzt ist aufräumen, umschichten, korrigieren der eigenen Risikobereitschaft und womöglich hausgemachter Fehler angesagt, meint auch die Stiftung Warentest in ihrer »Finanztest«-März-Ausgabe.

Man muss sich kümmern

Sie rät allen Enttäuschten: »Nach vorne schauen.« Erst Geld anzulegen, dann auf Tauchstation zu gehen und sich jahrelang nicht zu kümmern, garantiert einfach keine gute Rendite. Dieses Prinzip gilt gerade auch für Aktienfonds. Selbst wenn sie von Profis gemanagt werden, sollte ihre Entwicklung stets im Auge behalten werden.

Nicht hektisch verkaufen

Entrümpeln bedeutet aber nicht, jetzt hektisch alle Fonds mit schlechter Entwicklung zu verkaufen, betonen die Verbraucherschützer einhellig. Wer sich für ein Produkt entschied, das in der Vergangenheit gute Ergebnisse erzielte und zur geschrumpften Risikobereitschaft noch passt, dann sollte ihm jetzt die Chance auf Aufholjagd gegeben werden.

Orientierung bieten Fondstabellen

Zum Aufräumen gehört auch, bei der Fondsgesellschaft einmal nach Korrekturen schlechter Anlagestrategien zu fragen. Viele Manager haben in letzter Zeit versucht, Risiken abzuschwächen, Über- oder Untergewichtungen bestimmter Regionen oder Branchen abzubauen. Machen die Veränderungen Sinn, kann man auch größeren Flops noch eine Karenzzeit zubilligen. Wer nicht mehr an ein Aufrichten des »Patienten« glaubt, sollte auf ein gesünderes Pferd setzen. Orientierung beim Kauf bieten auch die monatlichen Fondstabellen von »Finanztest«.

Kein Ausstieg aus Fondssparplänen

Wenig erfolgreiche Fondssparpläne gilt es dagegen zu halten. Vom Ankauf zu kleinen Preisen kann man bei einer Erholung immer nur profitieren. Ein Ausstieg macht gar keinen Sinn. Lieber sollten die Monatsbeiträge heruntergefahren oder ganz ausgesetzt werden. Das angesparte Vermögen kann liegen bleiben.

Misserfolge eingestehen

Hochriskante »Geldvernichter-Fonds«, die einst Superstars waren und heute Magengrimmen auslösen, gehören dagegen mit eisernem Besen hinausgekehrt, betont Grieble. Anleger sollten zu Misserfolgen und Fehlentscheidungen stehen. Sein Trostpflaster: Wer überdurchschnittliche Verluste steuerlich nicht mehr nutzen kann, bekommt beim Verkauf der Anteile wenigstens wieder Startkapital für bessere Zeiten in die Kasse. »Es gibt nichts Frustrierenderes, als wenn der Markt nach oben geht, der eigene Fonds aber steht«, meint Grieble.

Nicht erst kaufen, wenn wieder alle kaufen

Seine Tipps für alle, die ihrem gerupften Depot jetzt wieder etwas Glanz verleihen wollen: Neueinkäufe an der Börse künftig auf mehrere Zeitpunkte verteilen, kleine Rücksetzer abwarten, nicht nur dann kaufen, wenn sich wieder alle in den Markt stürzen. Fonds oder Einzelwerte nie auf einen Schlag erwerben. Das senkt das Risiko zu hoher Einstiegskurse. Nur nach eigener Risikobereitschaft auswählen, auf Solides setzen und möglichst viele Informationen einholen. »Wir glauben, die Vorzeichen stehen wieder gut«, betont Grieble.

Berrit Gräber

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